Meta-Informationen
Gericht: Bezirksgericht Bülach
Urteilsdatum: 17.11.2020
Kanton: ZH
Verfahrensart: ordentlich
Geschlecht: weiblich
Nationalität: Ausländer/Ausländerin
Nebenverurteilungsscore: 0
Vorbestraft: Ja
Einschlägig vorbestraft: Ja
Rolle: Transport
Deliktsertrag:
Deliktsdauer (Monate):

Betäubungsmittel:
  • Kokain, 967g, rein

Mengenmässig (Art. 19 Abs. 2 lit. a): Ja
Bandenmässig (lit. b): Nein
Gewerbsmässig (lit. c): Nein
Anstaltentreffen: Nein
Mehrfach: Nein
Beschaffungskriminalität: Nein
Sanktion

Hauptsanktion: Freiheitsstrafe

Dauer: 63 Monate

Vollzug: unbedingt

Zusammenfassung

Der Beschuldigten A. wurde vorgeworfen, am 26. Januar 2020 mit einem Flug von D. (E.) nach F. in die Schweiz eingereist zu sein. Dabei führte sie in ihrem eingecheckten schwarzen Reisekoffer unter einem doppelten Boden versteckt 1'906 Gramm Kokaingemisch mit einem Reinheitsgehalt von 51%, also 967 Gramm reines Kokain, unerlaubt mit sich und führte dieses in die Schweiz ein. Ihr wurde vorgeworfen, dass sie wusste oder zumindest billigend in Kauf nahm, Kokain zu transportieren, wobei sie die genaue Menge, den Reinheitsgehalt und die potenzielle Gesundheitsgefährdung einer Vielzahl von Konsumenten nicht weiter interessierte. Die Rechtsmittelinstanz (Obergericht) bestätigte den Schuldspruch der qualifizierten Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz gemäss Art. 19 Abs. 1 lit. b i.V.m. Art. 19 Abs. 2 lit. a BetmG. Die Verteidigung hatte erfolglos versucht, einen Freispruch zu erwirken, indem sie argumentierte, der Koffer sei ausgetauscht worden und die Beschuldigte habe nichts von den Drogen gewusst. Das Gericht wies diese "Koffer-Austausch-Theorie" als unglaubhaft und als reine Schutzbehauptung zurück, gestützt auf die widersprüchlichen Aussagen der Beschuldigten, die Unversehrtheit des Gepäcklabels und die im Koffer gefundenen persönlichen Gegenstände der Beschuldigten. Es wurde festgestellt, dass die Beschuldigte direkt vorsätzlich handelte und eine wesentliche Rolle im Verteilungsnetz des Drogenhandels spielte. Massgebende Erwägungen der Strafzumessung durch die Rechtsmittelinstanz: Die Rechtsmittelinstanz hielt an der von der Vorinstanz festgesetzten Freiheitsstrafe von 5 ¼ Jahren (63 Monaten) fest und begründete dies wie folgt: Objektives Tatverschulden: Das objektive Verschulden wurde als "knapp leicht" eingestuft, wobei die Menge von 967 Gramm reinem Kokain (mehr als das Fünfzigfache des Grenzwertes für einen schweren Fall von 18 Gramm) ein hohes Gefährdungspotenzial für die Gesundheit einer Vielzahl von Menschen darstelle. Als Ausgangspunkt der Strafzumessung wurde eine Einsatzstrafe von ca. 42 Monaten für diese Kokainmenge als angemessen erachtet. Obwohl die Beschuldigte als "Kurierin" fungierte, wurde ein Abzug für diese Rolle abgelehnt, da es sich aufgrund ihrer wiederholten Delinquenz nicht um eine einmalige Kurierdiensttätigkeit handelte und die eingeführte Menge weit über dem Grenzwert für einen schweren Fall lag. Subjektives Tatverschulden: Es wurde festgestellt, dass die Beschuldigte nicht aus finanzieller Notlage oder Suchtgründen handelte, sondern ihr finanzielles Motiv im Drogenhandel immanent ist und daher weder strafmindernd noch straferhöhend wirkt. Tatunabhängige Strafzumessungsfaktoren: Persönliche Verhältnisse: Aus den Angaben zu den persönlichen Verhältnissen (getrennt lebend, keine Kinder, Arbeitstätigkeit in H., familiärer Landbesitz in Polen, keine Schulden) liess sich nichts Strafrelevantes ableiten. Vorstrafen: Die wiederholte und einschlägige Delinquenz der Beschuldigten wurde als deutlicher Straferhöhungsgrund gewertet. Obwohl einige von der Vorinstanz erwähnte (aber in der schriftlichen Begründung nicht berücksichtigte) Vorstrafen (Deutschland, Österreich, verjährte in den Niederlanden) nicht relevant waren, wurde die Straferhöhung aufgrund zahlreicher einschlägiger Vorstrafen in Italien, Polen, Belgien und Frankreich als gerechtfertigt angesehen. Die Beschuldigte habe die aktuelle Tat unmittelbar nach einer früheren Verurteilung (30 Monate Freiheitsstrafe wegen Betäubungsmittelhandels im Juni 2019) begangen, was ihre Unbeeindrucktheit von geltenden Rechtsordnungen zeige. Die Erhöhung der Strafe auf 63 Monate unter diesem Titel wurde bestätigt. Strafempfindlichkeit: Eine erhöhte Strafempfindlichkeit aufgrund des Gesundheitszustands der Beschuldigten (HIV-positiv, Hüft-, Herz-, Knieprobleme, Gleichgewichtsstörungen) wurde nicht bejaht, da keine aussergewöhnlichen Umstände vorlagen, die eine Abweichung vom Grundsatz einer einheitlichen Leidensempfindlichkeit gebieten würden. Die Probleme waren vorbestehend und nicht haftbedingt. Nachtatverhalten: Das Nachtatverhalten wurde als neutral bewertet. Die Rechtsmittelinstanz bestätigte die von der Vorinstanz ausgesprochene Freiheitsstrafe von 5 ¼ Jahren und ordnete zudem eine Landesverweisung von 12 Jahren an, da die Beschuldigte keinen nennenswerten Bezug zur Schweiz aufwies und die Landesverweisung somit keine besondere persönliche Härte darstellte.

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