Hauptsanktion: Freiheitsstrafe
Dauer: 15 Monate
Vollzug: bedingt
Der Beschuldigte A. wurde von der Vorinstanz der qualifizierten Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz (Art. 19 Abs. 1 lit. c und d i.V.m. Art. 19 Abs. 2 lit. a BetmG) sowie der mehrfachen Übertretung des Betäubungsmittelgesetzes (Art. 19a Ziff. 1 BetmG) für schuldig befunden. Ihm wurde zur Last gelegt, bei seiner Verhaftung 49.4 g Kokaingemisch (entsprechend 46.4 g reinem Kokain) besessen zu haben, wovon 37.1 g für den Weiterverkauf und 9.3 g für den Eigenkonsum bestimmt waren. Zudem besass er weitere 1.7 g Kokaingemisch zum Weiterverkauf und hatte 1 g Kokaingemisch an einen Abnehmer verkauft. Die Vorinstanz verurteilte ihn zu 15 Monaten Freiheitsstrafe bedingt, einer Busse von Fr. 1'000.– und ordnete eine Landesverweisung von 6 Jahren an. Die Rechtsmittelinstanz (Obergericht) befasste sich primär mit der angeordneten Landesverweisung, da diese der einzige Punkt war, der vom Beschuldigten angefochten wurde. Die Schuldsprüche selbst blieben unangefochten und sind in Rechtskraft erwachsen. In Bezug auf die Landesverweisung kam das Obergericht zum Schluss, dass bei A. ein "schwerer persönlicher Härtefall" im Sinne von Art. 66a Abs. 2 StGB vorliegt, was die Vorinstanz verneint hatte. Begründet wurde dies damit, dass A. als sogenannter "Secondo" in Zürich geboren und aufgewachsen ist, hier seine gesamte Sozialisierung stattgefunden hat, er fliessend Schweizerdeutsch spricht und über ein dichtes und stabiles Beziehungsnetz verfügt. Obwohl er ledig und kinderlos ist, lebt er bei seinen Eltern und hat eine tiefe Verwurzelung in der Schweiz. Seine berufliche und wirtschaftliche Integration war zwar zeitweise getrübt (diverse kurzzeitige Anstellungen, Schulden), dies wurde jedoch auf seine Kokainsucht zurückgeführt, die er nach der Haftentlassung überwunden haben soll. Aktuell befindet er sich in einer Vollzeitanstellung und ist dabei, seine Schulden abzubauen, was seine berufliche Wiedereingliederung und die Fähigkeit zur finanziellen Sanierung belegt. Hinsichtlich der strafrechtlichen Rückfallgefahr wurde festgestellt, dass seine Delinquenz der erste erhebliche Verstoss gegen die Schweizer Rechtsordnung darstellt und frühere Verurteilungen lediglich Übertretungen betrafen. Das Obergericht attestierte ihm eine günstige Prognose und ein kaum vorhandenes Rückfallrisiko, da sein strafbares Verhalten eher einer akuten Lebenskrise geschuldet sei und er inzwischen einsichtig sowie drogenabstinent sei. In der Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an einer Wegweisung und den privaten Interessen des Täters am Verbleib im Lande überwiegen laut Obergericht die privaten Interessen des A. Obwohl Drogendelikte grundsätzlich streng beurteilt werden, wurde A. als "Kleindealer" eingestuft, dessen Gefährlichkeit für die Gesellschaft dadurch relativiert wird, dass kein organisierter Drogenhandel vorlag. Das Tatmotiv war primär die Finanzierung des eigenen Kokainkonsums. Die erlittene Untersuchungshaft und die bedingte Freiheitsstrafe dienen als hinreichende Warnwirkung für den Ersttäter. Massgebende Erwägungen der Strafzumessung (durch die Rechtsmittelinstanz): Die Rechtsmittelinstanz hat die Strafzumessung der Vorinstanz (15 Monate bedingte Freiheitsstrafe und Busse) nicht revidiert, da die Berufung des Beschuldigten ausschliesslich die Landesverweisung betraf. Die ursprünglichen Schuldsprüche und Strafen der Vorinstanz sind daher in Rechtskraft erwachsen. Das Obergericht hat lediglich festgestellt, dass die Voraussetzungen für ein ausnahmsweises Absehen von einer Landesverweisung gemäss Art. 66a Abs. 2 StGB erfüllt sind und somit die Landesverweisung als unverhältnismässig erachtet. Es hob Dispositivziffer 5 des vorinstanzlichen Urteils auf und verzichtete auf die Anordnung einer Landesverweisung. Gleichzeitig wurde betont, dass bei einem Rückfall in qualifizierte Drogendelinquenz oder schwerere Straffälligkeit der Spielraum für die Anwendung der Ausnahmeregelung verschwindend klein wäre.