Meta-Informationen
Gericht: Bezirksgericht Dietikon
Urteilsdatum: 12.03.2019
Kanton: ZH
Verfahrensart: ordentlich
Geschlecht: männlich
Nationalität: Ausländer/Ausländerin
Nebenverurteilungsscore: 0
Vorbestraft: Nein
Einschlägig vorbestraft: Nein
Rolle: Transport
Deliktsertrag:
Deliktsdauer (Monate):

Betäubungsmittel:
  • Kokain, 767g, rein

Mengenmässig (Art. 19 Abs. 2 lit. a): Ja
Bandenmässig (lit. b): Nein
Gewerbsmässig (lit. c): Nein
Anstaltentreffen: Nein
Mehrfach: Nein
Beschaffungskriminalität: Nein
Sanktion

Hauptsanktion: Freiheitsstrafe

Dauer: 24 Monate

Vollzug: bedingt

Zusammenfassung

Vorwurf: Dem Beschuldigten A. wurde vorgeworfen, im Rahmen einer organisierten Drogenkurieraktion am 3. Juli 2018 von Kolumbien über Frankreich in die Schweiz eingereist zu sein. Dabei führte er, zusammen mit vier weiteren Mitbeschuldigten, in seinem Magen-Darm-Trakt insgesamt 31 Fingerlinge mit 1'625 Gramm Kokaingemisch (entsprechend 767 Gramm reinem Kokain) mit sich. Die Betäubungsmittel waren für die Übergabe an Personen in der Schweiz bestimmt, wozu es jedoch aufgrund der Verhaftung der Beschuldigten nicht kam. Die Vorinstanz verurteilte ihn wegen Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz im Sinne von Art. 19 Abs. 1 lit. b BetmG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 2 lit. a BetmG (qualifizierte Widerhandlung aufgrund der Menge). Massgebende Erwägungen der Strafzumessung durch das Obergericht: Das Obergericht überprüfte die Strafzumessung des Bezirksgerichts Dietikon mit voller Kognition und nahm eine eigene Einschätzung vor. Während die Vorinstanz eine bedingte Freiheitsstrafe von 24 Monaten aussprach, erhöhte das Obergericht die Strafe auf 30 Monate Freiheitsstrafe, wovon 14 Monate unbedingt zu vollziehen sind und 16 Monate bedingt aufgeschoben werden. Tatkomponenten: Das Obergericht stufte das Tatverschulden von A. als "nicht mehr leicht" ein, korrigierend zur wohlwollenderen Einschätzung der Vorinstanz. Massgeblich hierfür war die erhebliche Drogenmenge von 767 Gramm reinem Kokain, die mehr als das 42-fache der Menge darstellt, die das Bundesgericht als Grenze zum qualifizierten Fall gemäss Art. 19 Abs. 2 BetmG festgelegt hat. Obwohl A. als "Bodypacker" auf der untersten Stufe der Drogenhandelshierarchie stand und nicht in die Planung involviert war, musste ihm die Erheblichkeit und Gefährlichkeit der transportierten Menge durch das Schlucken der 31 Fingerlinge bewusst gewesen sein. Auch waren von seiner Seite massgebliche Vorbereitungshandlungen erforderlich. Das Gericht berücksichtigte nicht die professionelle Vorgehensweise der Hintermänner zu seinen Lasten. Täterkomponenten und Motiv: Entgegen der Vorinstanz wurde betont, dass sich A. nicht in einer existenziellen Notlage befand. Er war in Kolumbien als Coiffeur tätig und verdiente gut. Sein Motiv war rein finanzieller und egoistischer Natur, da er mit dem versprochenen Lohn von 14 Millionen kolumbianischen Pesos lediglich Schulden tilgen und "schnelles Geld machen" wollte. Behauptungen der Verteidigung über familiäre finanzielle Abhängigkeiten oder eine Drohkulisse konnten nicht belegt werden. Dies führte zu einer höheren Einschätzung des Verschuldens. Geständnis und Reue: Das Geständnis des Beschuldigten wurde nur minimal strafmindernd berücksichtigt, da es nicht von Anfang an umfassend war und schrittweise unter erdrückender Beweislast erfolgte. Wer anerkennt, was ohnehin nicht zu bestreiten ist, zeige dadurch keine Reue oder erleichtere die Untersuchung nicht wesentlich. Hingegen wurde die wiederholte Einsicht und Reue von A., die er unter anderem in einem Brief zeigte, als leichter Strafminderungsgrund anerkannt. Seine depressiven Zustände in Haft wurden nicht als Zeichen schlechten Gewissens, sondern als Folge der Inhaftierung gewertet. Strafhöhe und Vollzug: Unter Berücksichtigung aller Umstände setzte das Obergericht die Einsatzstrafe für das gesamte Tatverschulden bei 34 Monaten Freiheitsstrafe an und reduzierte diese aufgrund des Geständnisses und der Reue auf 30 Monate. Die 253 Tage Untersuchungshaft wurden angerechnet. Die Staatsanwaltschaft hatte eine teilbedingte Strafe von 36 Monaten (18 Monate unbedingt) beantragt, die Verteidigung die Bestätigung der 24 Monate bedingt. Das Obergericht sah die bedingte Strafe von 24 Monaten als zu milde an, da diese unter dem dritten unteren Drittel des möglichen Strafrahmens liegt. Die erhöhte Strafe von 30 Monaten liegt über der Grenze für den bedingten Vollzug (24 Monate), weshalb die Voraussetzungen des teilbedingten Vollzugs geprüft wurden. Aufgrund einer günstigen Prognose (keine Vorstrafen, Haft als Warnung) wurde ein Teil der Strafe bedingt ausgesetzt. Das Obergericht legte den unbedingt zu vollziehenden Teil der Strafe auf 14 Monate fest und den bedingt aufgeschobenen Teil auf 16 Monate, da A. sich aus rein finanziellen Gründen und ohne eigentliche Notlage zu einer derart riskanten Straftat hinreissen liess und sein Verschulden eine spürbare Sanktion erfordert. Generalprävention: Das Obergericht erwähnte die generalpräventiven Gründe, welche die Staatsanwaltschaft für die Berufung anführte, nämlich die Problematik, dass im Ausland immer wieder neue Transporteure engagiert werden könnten, ohne dass diese in der Schweiz ein längeres Risiko eines Strafvollzugs eingehen würden. Es wurde jedoch betont, dass generalpräventive Erwägungen nur insoweit zulässig sind, als sie die für den einzelnen Täter schuldangemessene Strafe nicht überschreiten.

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