Meta-Informationen
Gericht: Bezirksgericht Bülach
Urteilsdatum: 22.02.2022
Kanton: ZH
Verfahrensart: ordentlich
Geschlecht: männlich
Nationalität: Schweizerin/Schweizer
Nebenverurteilungsscore: 0
Vorbestraft: Ja
Einschlägig vorbestraft: Ja
Rolle: Kauf
Deliktsertrag:
Deliktsdauer (Monate): 1

Betäubungsmittel:
  • Kokain, 75g, rein

Mengenmässig (Art. 19 Abs. 2 lit. a): Ja
Bandenmässig (lit. b): Nein
Gewerbsmässig (lit. c): Nein
Anstaltentreffen: Nein
Mehrfach: Nein
Beschaffungskriminalität: Nein
Sanktion

Hauptsanktion: Freiheitsstrafe

Dauer: 18 Monate

Vollzug: unbedingt

Zusammenfassung

Vorwurf: Dem Beschuldigten A. wird vorgeworfen, ein Verbrechen gegen das Betäubungsmittelgesetz im Sinne von Art. 19 Abs. 1 lit. b und c BetmG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 2 lit. a BetmG sowie die mehrfache Übertretung des Bundesgesetzes über die Betäubungsmittel im Sinne von Art. 19a Ziff. 1 BetmG begangen zu haben. Konkret erwarb er im April 2021 ca. 80 Gramm Kokaingemisch (entspricht 75.2 Gramm reinem Kokainhydrochlorid) und veräusserte davon einen Teil an mehrere Abnehmer. Ein Grossteil des Kokains (75.5 Gramm, 70.97 Gramm rein) wurde bei einer Hausdurchsuchung sichergestellt und sollte ebenfalls verkauft werden. Die Menge des gehandelten reinen Kokains überschreitet die Schwelle für die qualifizierte Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz (Art. 19 Abs. 2 lit. a BetmG) um etwa das Vierfache. Massgebende Erwägungen der Strafzumessung durch die Rechtsmittelinstanz: Die Rechtsmittelinstanz bestätigt im Wesentlichen die Einschätzung der Vorinstanz, passt aber die Begründung in einigen Punkten an: Tatkomponente (Verbrechen nach Art. 19 Abs. 1 lit. b und c i.V.m. Art. 19 Abs. 2 lit. a BetmG): Objektive Tatschwere: Die objektive Tatschwere wird trotz der Überschreitung der qualifizierten Menge um das Vierfache als "noch leicht" eingestuft, wobei dem Beschuldigten aufgrund der in wenigen Tagen umgesetzten Menge eine erhöhte kriminelle Energie attestiert wird. Er fungierte als Bindeglied zwischen Produzenten und Abnehmern. Subjektive Tatseite: Der Beschuldigte handelte mit direktem Vorsatz und im Wissen um die Gesundheitsgefährdung. Seine Behauptung, aus Langeweile oder zur Spannungssuche gehandelt zu haben, wird als wenig überzeugend und nicht strafmildernd gewertet. Ein finanzielles, egoistisches Motiv wird angenommen, da er keine finanzielle Notlage hatte und auch keine Beschaffungskriminalität vorlag. Eine ernsthafte Kokainabhängigkeit wird aufgrund des geringen Eigenkonsums bezweifelt. Auch eine psychische Störung wird nicht als schuldmindernd angesehen, da kein Konnex zur Delinquenz erkennbar war und der Beschuldigte selbst seinen guten Gesundheitszustand bekundete. Die Schuldfähigkeit des Beschuldigten wird vollumfänglich bejaht. Das Verschulden wird als "noch leicht" beibehalten. Einsatzstrafe: Für das Verbrechen gegen das Betäubungsmittelgesetz wird eine Einsatzstrafe von 18 Monaten Freiheitsstrafe als angemessen erachtet. Täterkomponente: Vorstrafen: Der Beschuldigte ist einschlägig vorbestraft. Er wurde im November 2020 zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 13 Monaten und im März 2021 zu einer Zusatzstrafe von 40 Tagen bedingter Freiheitsstrafe (jeweils wegen Betäubungsmittel- und/oder Waffendelikten) verurteilt. Die neue Delinquenz erfolgte nur wenige Wochen nach der jüngeren Verurteilung und während laufender Probezeiten. Dies wird als deutlich straferhöhend bewertet. Die von der Vorinstanz angenommene Straferhöhung von lediglich drei Monaten wird als mild, aber noch vertretbar bezeichnet. Nachtatverhalten: Das umfassende Geständnis des Beschuldigten, das zur Wahrheitsfindung und Verfahrensvereinfachung beigetragen hat, wird strafmindernd berücksichtigt. Allerdings wird die Relativierung des Geständnisses in der Hauptverhandlung und das Vorausschieben anderer Gründe für die Delinquenz als Anzeichen mangelnder aufrichtiger Reue und Einsicht gewertet. Daher wird nur eine "sehr leichte Strafminderung" unter diesem Titel zugestanden, die von der Vorinstanz gewährte Reduktion von einem Sechstel wird als wohlwollend, der von der Verteidigung beantragte Fünftel als zu hoch erachtet. Strafempfindlichkeit: Es werden keine Anhaltspunkte für eine erhöhte Strafempfindlichkeit des Beschuldigten festgestellt. Widerruf der Vorstrafen und Gesamtstrafe: Die Rechtsmittelinstanz widerruft die beiden bedingten Freiheitsstrafen von 13 Monaten und 40 Tagen. Dies wird damit begründet, dass der Beschuldigte während der Probezeiten erneut einschlägig straffällig wurde, sich von früheren Verfahren und bedingten Strafen nicht beeindrucken liess und die Bewährungsaussichten stark getrübt sind. Die Einsatzstrafe von 20,5 Monaten für die neue Straftat (die sich aus 18 Monaten Einsatzstrafe für das Verbrechen + Straferhöhungen für Täterkomponenten ergibt) wird unter Einbezug der widerrufenen Strafen um 10 Monate erhöht. Dies führt zu einer eigentlich angemessenen Gesamtstrafe von 30,5 Monaten Freiheitsstrafe. Jedoch: Aufgrund des Verschlechterungsverbots (reformatio in peius) muss es bei der von der Vorinstanz ausgefällten Gesamtfreiheitsstrafe von 24 Monaten verbleiben. Die in den verschiedenen Verfahren erstandene Untersuchungshaft von insgesamt 5 Tagen wird auf die Gesamtstrafe angerechnet. Strafvollzug: Ein vollkommen bedingter Strafaufschub kommt aufgrund der ungünstigen Prognose und der erneuten, einschlägigen Delinquenz während laufender Probezeiten nicht in Betracht. Die teilbedingte Vollzugsform der Vorinstanz wird bestätigt. Der unbedingte Strafteil von 12 Monaten wird als angemessen erachtet, um dem Verschulden des Täters Rechnung zu tragen und eine hinreichende Warnwirkung zu erzielen. Dies liegt im oberen Bereich des möglichen Rahmens (6 bis 12 Monate für den zu vollziehenden Teil) und wird durch die stark getrübte Legalprognose, die einschlägigen Vorstrafen und die fehlende grundlegende Änderung der Lebensumstände des Beschuldigten begründet. Auch die Tatsache, dass er bereits Grossvater war und trotz Therapien erneut delinquierte, spricht für einen spürbaren unbedingten Strafteil. Die Probezeit wird auf 5 Jahre festgesetzt. Die Busse von Fr. 100.– wird bestätigt und eine Ersatzfreiheitsstrafe von einem Tag bei Nichtbezahlung festgesetzt, da dies ein offensichtliches Versehen der Vorinstanz war und nicht gegen das Verschlechterungsverbot verstösst.

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