Fall SK 2020 255

Meta-Informationen
Gericht: Regionalgericht Bern-Mittelland
Urteilsdatum: 29.01.2020
Kanton: BE
Verfahrensart: ordentlich
Geschlecht: männlich
Nationalität: Ausländer/Ausländerin
Nebenverurteilungsscore: 0
Vorbestraft: Ja
Einschlägig vorbestraft: Nein
Rolle: Transport
Deliktsertrag:
Deliktsdauer (Monate): 3

Betäubungsmittel:
  • Kokain, 7067g, rein

Mengenmässig (Art. 19 Abs. 2 lit. a): Ja
Bandenmässig (lit. b): Ja
Gewerbsmässig (lit. c): Ja
Anstaltentreffen: Nein
Mehrfach: Nein
Beschaffungskriminalität: Nein
Sanktion

Hauptsanktion: Freiheitsstrafe

Dauer: 75 Monate

Vollzug: unbedingt

Zusammenfassung

Vorwurf: Dem Beschuldigten A. wurde vorgeworfen, zwischen dem 17. Oktober 2016 und dem 27. Februar 2017 qualifizierte Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz begangen zu haben. Dies umfasste im Wesentlichen drei Sachverhaltskomplexe: Einfuhr und Beförderung (banden- und gewerbsmässig): A. holte im Auftrag einer Bande Drogenkuriere mit Kokain im grenznahen Ausland (Deutschland) ab und chauffierte diese über die Grenze in die Schweiz (C.________). Dies geschah in 11 Fällen, wobei mindestens 12'890 Gramm Kokaingemisch (brutto) bzw. 6'548.1 Gramm reines Kokain eingeführt wurden. Besitz, Befördern und Veräussern (banden- und gewerbsmässig): A. verteilte im Auftrag derselben Organisation Kokain von C.________ aus an diverse Abnehmer und Orte in der Schweiz. Hierbei handelte es sich um mindestens 11'900 Gramm Kokaingemisch (brutto) bzw. 6'052.4 Gramm reines Kokain, verteilt auf 53 Einzeltaten. Anstalten treffen zum Veräussern (banden- und gewerbsmässig): Am 27. Februar 2017 traf A. Anstalten zum Veräussern von 1'990 Gramm Kokaingemisch (brutto) bzw. 1'015.5 Gramm reinem Kokain, welches bei seiner Anhaltung sichergestellt wurde. Die Taten wurden jeweils als mengenmässig qualifiziert (Art. 19 Abs. 2 lit. a BetmG), bandenmässig (Art. 19 Abs. 2 lit. b BetmG) und gewerbsmässig (Art. 19 Abs. 2 lit. c BetmG) eingestuft. Massgebende Erwägungen der Strafzumessung (Rechtsmittelinstanz): Die Rechtsmittelinstanz, die 1. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Bern, bestätigte die Schuldsprüche des Regionalgerichts Bern-Mittelland, nahm jedoch eine Korrektur der eingeführten Drogenmenge vor und passte die Beurteilung des Vorsatzes an. Sie orientierte sich bei der Strafzumessung an der modifizierten Tabelle Hansjakob. Mengenmässige Qualifikation und Einsatzstrafe: Die Kammer ging von einer eingeführten und beförderten Menge von mindestens 12'890 Gramm Kokaingemisch (brutto) bzw. 6'548.1 Gramm reinem Kokain aus (im Gegensatz zu 13'890 g/7'067 g der Vorinstanz, da 1'000 g als nicht vorgängig eingeführt betrachtet wurden). Trotz dieser geringfügigen Reduktion blieb die mengenmässige Qualifikation bestehen, da die Schwelle von 18 Gramm reinem Kokain um ein Vielfaches überschritten wurde. Für das hohe Schädigungs- und Gefährdungspotential legte die Kammer eine Einstiegsstrafe von 6 ¾ Jahren Freiheitsstrafe fest. Strafmilderung für Anstalten treffen: Dem Umstand, dass die zuletzt sichergestellte Drogenmenge von 1'990 Gramm Kokaingemisch nicht mehr in Verkehr gebracht werden konnte, trug die Kammer entgegen der Vorinstanz strafmildernd mit 3 Monaten Rechnung. Dies, obwohl A. den Drogenhandel nicht freiwillig aufgab, sondern dies auf die polizeiliche Intervention zurückzuführen war. Straferhöhung für Vielzahl von Einzelgeschäften: A. war über einen relativ kurzen Zeitraum (3 Monate effektiv tätig) in einer Vielzahl von Einzelgeschäften deliktisch tätig (64 Fahrten). Dies führte zu einer Straferhöhung von 3 Monaten, wodurch die Strafmilderung für das Anstalten treffen wieder ausgeglichen wurde. Banden- und Gewerbsmässigkeit (kriminelle Energie): Die Kammer berücksichtigte straferhöhend die Art und Weise des Vorgehens und die Herbeiführung des Erfolgs. A. war Teil einer professionell operierenden Bande, agierte organisiert (Nachtfahrten, verdeckte Kommunikation) und setzte seine Tätigkeit auch nach polizeilichen Kontakten fort. Er setzte Kokain im Wert von CHF 100'480.00 um und erzielte einen Gewinn von CHF 29'200.00. Die dreifache Qualifikation (mengenmässig, banden-, gewerbsmässig) führte zu einer deutlichen Erhöhung des Verschuldens, was mit zusätzlichen 6 Monaten Freiheitsstrafe berücksichtigt wurde. Vorsatz: Die Kammer kam zu dem Schluss, dass A. bereits ab der ersten Kurierfahrt am 23. Oktober 2016 direktvorsätzlich gehandelt hat, da er wusste, dass die transportierten Personen Drogen mitführten und dies auch wollte. Dies widersprach der Auffassung der Vorinstanz, die für die erste Fahrt noch von Eventualvorsatz ausgegangen war. Die Kammer sah seine anfänglichen Aussagen als Schutzbehauptungen an. Täterkomponenten: Vorleben: Die früheren, nicht einschlägigen Vorstrafen aus den Jahren 2012, 2013 und 2015 wirkten sich entgegen der Vorinstanz nicht straferhöhend aus, da sie länger zurücklagen und nicht einschlägig waren. Verhalten nach der Tat und im Verfahren: Das teilweise Geständnis in der Hauptverhandlung, insbesondere das "nahezu umfassende Geständnis" in der oberinstanzlichen Verhandlung (trotz erdrückender Beweislage), sowie sein generell guter Führungsbericht im Gefängnis führten zu einer Strafminderung von 3 Monaten. Strafempfindlichkeit: Keine aussergewöhnliche Strafempfindlichkeit festgestellt, daher neutral bewertet. Verletzung des Beschleunigungsgebots: Die lange Verfahrensdauer, insbesondere die Zeitspanne zwischen der letzten Einvernahme und der Anklageerhebung, führte zu einer Strafreduktion von 3 Monaten. Resultierende Freiheitsstrafe: Nach diesen Anpassungen resultierte für die mehrfach qualifizierten Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz eine Freiheitsstrafe von 6 ¾ Jahren (81 Monaten).

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