Meta-Informationen
Gericht: Regionalgericht Bern-Mittelland
Urteilsdatum: 16.06.2020
Kanton: BE
Verfahrensart: ordentlich
Geschlecht: männlich
Nationalität: Ausländer/Ausländerin
Nebenverurteilungsscore: 0
Vorbestraft: Nein
Einschlägig vorbestraft: Nein
Rolle: Handel
Deliktsertrag:
Deliktsdauer (Monate): 3

Betäubungsmittel:
  • Heroin, 919g, rein

Mengenmässig (Art. 19 Abs. 2 lit. a): Ja
Bandenmässig (lit. b): Ja
Gewerbsmässig (lit. c): Nein
Anstaltentreffen: Nein
Mehrfach: Nein
Beschaffungskriminalität: Nein
Sanktion

Hauptsanktion: Freiheitsstrafe

Dauer: 51 Monate

Vollzug: unbedingt

Zusammenfassung

Vorwurf: Dem Beschuldigten A. wird vorgeworfen, zwischen dem 5. Dezember 2018 und dem 27. Februar 2019 (mit einer Unterbrechung im Januar 2019) mehrfach und in banden- sowie mengenmässig qualifizierter Weise gegen das Betäubungsmittelgesetz verstossen zu haben. Er soll als "Läufer" einer organisierten Bande in C., K., R., L. und U.________ insgesamt ca. 3'925 Gramm Heroingemisch veräussert haben. Hinzu kommt der rechtskräftige Schuldspruch wegen des Aufbewahrens von 236.9 Gramm Heroingemisch am 27. Februar 2019 in L.________. Die Gesamtmenge des gehandelten und aufbewahrten Heroins beläuft sich auf 919 Gramm reines Heroin. Massgebende Erwägungen der Strafzumessung durch die Rechtsmittelinstanz (Obergericht): Die Strafzumessung erfolgte nach dem neuen Recht (seit 01.01.2018). Das Obergericht geht von einer Handlungseinheit aus, da sämtliche Drogengeschäfte auf einem einzigen Willensentschluss basierten, ein praktisch lückenlos laufendes Drogengeschäft aufrechtzuerhalten. Daher kommt Art. 49 Abs. 1 StGB (Konkurrenzregeln) nicht zur Anwendung. Der Strafrahmen für die mengen- und bandenmässig qualifizierten Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz reicht von einem Jahr bis zu 20 Jahren Freiheitsstrafe. Objektives Tatverschulden: Das Obergericht betont die Bedeutung der Drogenmenge für die Beurteilung der Tatschwere. A. hat mit 919 Gramm reinem Heroin den mengenmässig qualifizierten Fall gemäss Art. 19 Abs. 2 BetmG mehr als 76-mal überschritten, was ein hohes Gefährdungspotenzial für die Volksgesundheit darstellt. Basierend auf den Mengenangaben und der einschlägigen Tabelle ergibt sich ein Richtwert von 47 Monaten Freiheitsstrafe. Im Gegensatz zur Vorinstanz sah das Obergericht keinen Grund, die 55 Gramm aufbewahrtes reines Heroin milder zu gewichten als den Verkauf, da die Nichtveräusserung allein der Verhaftung des Beschuldigten zuzuschreiben sei und es sich nicht um "Anstalten" im Sinne einer expliziten Strafmilderung handele. Die Einsatzstrafe blieb daher bei 47 Monaten Freiheitsstrafe. Das Obergericht berücksichtigte, dass A. in knapp drei Monaten eine beträchtliche Menge Drogen in vielen Geschäften an über 100 Abnehmer veräussert hat, was auf einen markanten und intensiven Drogenhandel hindeutet. Gleichzeitig wurde jedoch berücksichtigt, dass A. als "Läufer" in der untersten Hierarchiestufe der Bande agierte. Er hatte kaum Handlungsspielraum, musste minütlich rapportieren, durfte keine hohen Geldsummen aufbewahren und hatte strikte Preisanweisungen zu befolgen. Er war nicht am Gewinn beteiligt, erhielt ein sehr geringes Entgelt (CHF 1'000.00 für drei Monate) und war jederzeit austauschbar. Zudem verkaufte er mehrheitlich an suchtkranke Abnehmer in überschaubaren Einheiten. Trotzdem wurde seine professionelle und loyale Handlungsweise gewürdigt. Diese Abwägung führte zu einer leichten Erhöhung des objektiven Tatverschuldens um 7 Monate auf eine Einsatzstrafe von 54 Monaten Freiheitsstrafe. Subjektives Tatverschulden: A. handelte mit direktem Vorsatz, was als tatbestandsimmanent und daher verschuldensmässig neutral gewichtet wurde. Seine rein finanziellen und egoistischen Beweggründe, ohne eigene Drogenkonsumfinanzierung, wirken sich ebenfalls verschuldensneutral aus. Obwohl A. eine gymnasiale Hochschulausbildung in Albanien hatte, ist seine Entscheidung, seinen Lebensunterhalt deliktisch zu bestreiten, für das Gericht nicht nachvollziehbar. Die stereotypen Behauptungen über die Krankheit seiner Mutter als Notlage überzeugten das Gericht nicht. Die Taten wären vermeidbar gewesen. Die subjektiven Tatkomponenten führten weder zu einer Erhöhung noch zu einer Reduktion der Einsatzstrafe. Fazit Einsatzstrafe und Endstrafe: Unter Berücksichtigung aller Tat- und Täterkomponenten erachtete das Obergericht eine Freiheitsstrafe von 54 Monaten als angemessen. Aufgrund des Verschlechterungsverbots, da nur der Beschuldigte Berufung eingelegt hatte und die Generalstaatsanwaltschaft keine Anschlussberufung erklärt hatte, musste das Obergericht jedoch bei der von der Vorinstanz ausgesprochenen Strafe von 51 Monaten Freiheitsstrafe verbleiben. Ein bedingter oder teilbedingter Vollzug dieser Strafe kam angesichts des Strafmasses nicht in Betracht. Die Untersuchungshaft von 173 Tagen wurde vollumfänglich angerechnet.

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