Fall SK 18 158c

Meta-Informationen
Gericht: Regionalgericht Bern-Mittelland
Urteilsdatum: 25.01.2018
Kanton: BE
Verfahrensart: ordentlich
Geschlecht: männlich
Nationalität: unbekannt
Nebenverurteilungsscore: 4
Vorbestraft: Ja
Einschlägig vorbestraft: Ja
Rolle: Grosshandel
Deliktsertrag:
Deliktsdauer (Monate):

Betäubungsmittel:
  • Methamphetamin, 1874g, rein

Mengenmässig (Art. 19 Abs. 2 lit. a): Ja
Bandenmässig (lit. b): Nein
Gewerbsmässig (lit. c): Ja
Anstaltentreffen: Ja
Mehrfach: Ja
Beschaffungskriminalität: Nein
Sanktion

Hauptsanktion: Freiheitsstrafe

Dauer: 57 Monate

Vollzug: unbedingt

Zusammenfassung

Vorwurf: Dem Beschuldigten C. wird vorgeworfen, mehrfach und teilweise gemeinsam mit seinen Brüdern A.________ und F.________ qualifizierte Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz begangen zu haben. Diese umfassen den Erwerb, Besitz, die Lagerung, Veräusserung und Anstalten zum Handel von grossen Mengen Methamphetamin (Crystal und Thaipillen). Die Taten wurden gewerbsmässig begangen und brachten die Gesundheit vieler Menschen in Gefahr (mengenmässig qualifiziert). Neben den Betäubungsmitteldelikten wurde C. auch wegen mehrfacher Geldwäscherei und mehrfacher Widerhandlungen gegen das Strassenverkehrsgesetz (Fahren ohne Berechtigung, Fahren unter Drogeneinfluss/Übermüdung, Entwendung eines Motorfahrzeugs, Vereitelung von Massnahmen zur Feststellung der Fahrunfähigkeit) schuldig gesprochen. Das Obergericht hat im Berufungsverfahren festgestellt, dass die erstinstanzliche Verurteilung des C. wegen Erwerbs und Veräusserung von ca. 940 g Crystal und 7'800 Thaipillen (Anklageziffer B.1.1.) aufgrund der Verletzung des Anklagegrundsatzes (unzureichende Konkretisierung von Ort, Zeit, Menge und Abnehmern) einzustellen ist. Hingegen wurde C. zusätzlich zu den bereits rechtskräftigen Schuldsprüchen auch wegen des Erlangen und Veräusserns von Methamphetamin im Wert von CHF 21'000.00 an einen unbekannten "Peter" (ca. 1'166 Thaipillen bzw. 22g reines Methamphetamin) schuldig erklärt. Des Weiteren wurden die Mengen im Rahmen der Anklageziffer B.1.11. (Veräusserung an R., S. und F.________) präzisiert und für erwiesen befunden (insgesamt ca. 178 g Crystal und 5'000 Thaipillen). Insgesamt konnte C. der Umsatz von 1'874.85 Gramm reinem Methamphetamin nachgewiesen werden. Massgebende Erwägungen der Strafzumessung durch die Rechtsmittelinstanz (Obergericht): Die Rechtsmittelinstanz hat eine umfassende Kognition und weicht von der erstinstanzlichen Strafzumessung ab, da sie zu zusätzlichen Schuldsprüchen gelangt und die Gewichtung der Strafzumessungsfaktoren anders vornimmt. Es wurde das alte Strafrecht (aStGB) angewendet, da es für den Beschuldigten nicht milder ist. Tatkomponente Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz: Objektive Tatschwere: C. hat ein Gefährdungspotenzial von rund 1'874.85 Gramm reinem Methamphetamin zu verantworten, was etwa dem 156-fachen des Grenzwertes für den schweren Fall entspricht. Dies wird als grosses Gefährdungspotenzial bewertet, wobei das Ausmass des verschuldeten Erfolges als leicht bis mittelschwer eingestuft wird. Die Einsatzstrafe wird auf 59 Monate Freiheitsstrafe festgelegt (unter leichter Minderung um einen Monat wegen der "Anstalten treffens"-Fälle). Art und Weise der Herbeiführung: C. war seit Ende 2013/Anfang 2014 intensiv im Drogenhandel tätig. Er agierte professionell und organisiert innerhalb eines Familienunternehmens auf einer vergleichbaren Hierarchiestufe 3. Er setzte Zeit, Energie und Mittel ein, beschäftigte sogar eine Angestellte. Dies führt zu einer deutlichen Erhöhung der Strafe um 12 Monate. Subjektive Tatkomponente: Willensrichtung und Beweggründe: C. handelte vorsätzlich aus egoistischen und finanziellen Motiven, um seinen Lebensunterhalt zu finanzieren. Der gewerbsmässige Handel wird hier nicht nochmals straferhöhend berücksichtigt. Vermeidbarkeit: Ein forensisch-psychiatrisches Gutachten diagnostizierte eine Abhängigkeit von Stimulanzien (als schwerwiegend eingestuft). Obwohl der Drogenhandel über die Finanzierung des Eigenkonsums hinausging, wird die Drogensucht (sowie eine dissoziale Persönlichkeitsstörung) als strafmindernder Faktor im Umfang von 11 Monaten berücksichtigt. Die Einsatzstrafe für die Betäubungsmitteldelikte beläuft sich somit auf 60 Monate Freiheitsstrafe. Asperation wegen Geldwäscherei: Der Deliktsbetrag der Geldwäscherei beläuft sich auf rund CHF 240'700.00. Obwohl ein enger Konnex zum Drogenhandel besteht, ist dies ein eigenständiges Delikt. Die Rechtsmittelinstanz erachtet die Geldwäscherei nicht als vernachlässigbar. Es wird von einem leichten Verschulden ausgegangen, aber eine Strafsteigerung von 5 Monaten ist angemessen. Asperation wegen Widerhandlungen gegen das Strassenverkehrsgesetz (Vergehen): Für die zahlreichen und teils gravierenden SVG-Delikte (Fahren unter Drogen/Übermüdung mit Unfall, Fahren ohne Ausweis, Entwendung Fahrzeug, Vereitelung Massnahmen) wurde eine Gesamtsteigerung von 7 Monaten vorgenommen. Die Vorinstanz hatte hier zu milde geurteilt. Die erhöhte Gefährdung der Verkehrssicherheit und die mehrfache Begehung wurden berücksichtigt. Retrospektive Konkurrenz: Da einige der vorliegenden Delikte vor einer früheren Verurteilung durch das Obergericht des Kantons Aargau (12.01.2017) begangen wurden, wird eine Zusatzstrafe nach Art. 49 Abs. 2 aStGB gebildet. Die früheren Delikte (8. August 2014) werden in die Gesamtwürdigung einbezogen, was zu einer weiteren Asperation von 4 Monaten führt. Die Gesamtstrafe für die Tatkomponente beläuft sich auf 76 Monate. Täterkomponente: Vorleben und persönliche Verhältnisse: C. ist einschlägig vorbestraft, insbesondere im Bereich Betäubungsmittel- und Strassenverkehrsdelikte. Er begann nach bedingter Haftentlassung erneut mit dem Drogenhandel, was eine erhebliche Uneinsichtigkeit und Unbelehrbarkeit zeigt. Dies führt zu einer deutlichen Straferhöhung um 14 Monate (zusätzlich zum bereits früher berücksichtigten Monat für das ausserkantonale Urteil, gesamt 15 Monate). Verhalten nach der Tat und im Strafverfahren: C. war nur teilweise geständig und legte ein widersprüchliches Aussageverhalten an den Tag. Sein Verhalten im Verfahren war korrekt, und die Führungsberichte aus dem Vollzug sind weitgehend gut, zeigen aber auch einige disziplinarische Verfehlungen. Eine Strafreduktion von 12 Monaten wird gewährt. Strafempfindlichkeit: Eine erhöhte Strafempfindlichkeit wird trotz der Vaterschaft nicht bejaht, da dies bei Freiheitsstrafen als allgemeine Härte betrachtet wird. Konkretes Strafmass: Nach Berücksichtigung aller Faktoren gelangt das Obergericht zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 85 Monaten. Davon werden die 12 Monate der früheren Verurteilung abgezogen, sodass eine Zusatzfreiheitsstrafe von 73 Monaten (6 Jahre und 1 Monat) zum Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau vom 12. Januar 2017 auszufällen ist. Die Strafe wird unbedingt ausgesprochen. Die Zeit der vorläufigen Festnahme und Untersuchungshaft (792 Tage) sowie der vorzeitige Strafvollzug (06.06.2017 bis 17.07.2018) werden angerechnet.

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