Meta-Informationen
Gericht: Regionalgericht Berner Jura-Seeland
Urteilsdatum: 11.01.2016
Kanton: BE
Verfahrensart: ordentlich
Geschlecht: männlich
Nationalität: unbekannt
Nebenverurteilungsscore: 2
Vorbestraft: Ja
Einschlägig vorbestraft: Nein
Rolle: Transport
Deliktsertrag:
Deliktsdauer (Monate):

Betäubungsmittel:
  • Kokain, 3402g, rein

Mengenmässig (Art. 19 Abs. 2 lit. a): Ja
Bandenmässig (lit. b): Nein
Gewerbsmässig (lit. c): Nein
Anstaltentreffen: Nein
Mehrfach: Nein
Beschaffungskriminalität: Nein
Sanktion

Hauptsanktion: Freiheitsstrafe

Dauer: 68 Monate

Vollzug: unbedingt

Zusammenfassung

Vorwurf: Dem Beschuldigten A.________ wurde vorgeworfen und er wurde schuldig gesprochen der mehrfachen mengenmässig qualifizierten Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz (BetmG), der Widerhandlung gegen das Waffengesetz (WG) und der Widerhandlungen gegen das Strassenverkehrsgesetz (SVG). Konkret umfassten die BetmG-Delikte den Erwerb und die Einfuhr von 1'987 g reiner Kokainbase in den Jahren 2009 (gemeinsam mit E.) und den Erwerb, die Einfuhr und Beförderung von 1'415 g reiner Kokainbase im Jahr 2012 (gemeinsam mit D.). Die Vorinstanz verurteilte ihn dafür zu einer Freiheitsstrafe von 5 ¾ Jahren und einer Geldstrafe von 65 Tagessätzen zu CHF 30.00. Massgebende Erwägungen zur Strafzumessung durch die Rechtsmittelinstanz (Obergericht): Die Rechtsmittelinstanz, das Obergericht, hatte die Strafzumessung der Vorinstanz zu überprüfen, da der Beschuldigte seine Berufung auf diesen Punkt beschränkt hatte. Das Obergericht ist an das Verschlechterungsverbot gebunden. 1. Bildung der Gesamtstrafe: Das Obergericht bestätigte die Notwendigkeit der Bildung einer Gesamtstrafe nach Art. 49 Abs. 1 StGB für die gleichartigen Freiheitsstrafen (qualifizierte BetmG-Widerhandlungen). Für die Widerhandlungen gegen das WG und das SVG wurden aufgrund des Verhältnismässigkeitsprinzips Geldstrafen ausgesprochen, die ebenfalls einer Gesamtstrafe nach Art. 49 Abs. 1 StGB unterliegen. Teilweise wurde eine Zusatzstrafe nach Art. 49 Abs. 2 StGB (retrospektive Konkurrenz) für die Geldstrafe berücksichtigt, da einige Taten vor früheren Verurteilungen begangen wurden. 2. Einsatzstrafe für das schwerste Delikt (1'987g Kokain, 2009): Objektive Tatschwere: Die Menge von 1'987 g reiner Kokainbase überstieg die Qualifikationsgrenze (18g) um das 110-fache, was als erheblich straferhöhend gewichtet wurde. Das hohe Gefährdungspotenzial für die öffentliche Gesundheit und Sicherheit wurde stark berücksichtigt. Verwerflichkeit des Handelns: Der Beschuldigte legte eine erhebliche kriminelle Energie an den Tag, insbesondere durch den beträchtlichen organisatorischen Aufwand (intensiver telefonischer Kontakt, Buchung und Bezahlung der Reise des Kuriers). Seine genaue hierarchische Stellung blieb unklar, aber seine Rolle wurde als "von einer gewissen Bedeutung" eingestuft und ging "leicht über die Tatbestandmässigkeit hinaus", was leicht straferhöhend wirkte. Subjektive Tatschwere: Vorsätzliches Handeln aus rein finanziellen und egoistischen Motiven wurde als leicht straferhöhend bewertet. Er war nicht drogensüchtig und befand sich nicht in einer Notlage. Strafvergleich mit Mittäter E.________: Da E.________ als kokainabhängiger reiner Transporteur zu 30 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt wurde, hielt das Obergericht eine deutlich höhere Strafe für A.________, der nicht drogensüchtig war und eine wichtigere Rolle spielte, für angemessen. Einsatzstrafe: Basierend auf diesen Erwägungen setzte das Obergericht eine Einsatzstrafe von vier Jahren Freiheitsstrafe fest, die im Vergleich zur Hansjakob-Tabelle im unteren Bereich lag. 3. Asperation mit dem zweiten Kokaintransport (1'415g Kokain, 2012): Objektive Tatschwere: Auch diese erhebliche Menge von 1'415 g reiner Kokainbase (78-fache Überschreitung der Qualifikationsgrenze) schuf ein sehr hohes Gefährdungspotenzial und wirkte straferhöhend. Verwerflichkeit des Handelns: A.________s Tatbeitrag war hier geringer als im Jahr 2009. Ihm konnte primär eine Chauffeurrolle zugeschrieben werden. Trotz gewissen Aufwands (Fahrzeugmiete, Handy im eigenen Auto gelassen) wurde diese Komponente neutral gewertet, da die genaue weitergehende Rolle nicht geklärt werden konnte. Subjektive Tatschwere: Er handelte erneut vorsätzlich aus finanziellen Motiven (CHF 1'000.00 für den Fahrdienst), was leicht straferhöhend gewertet wurde. Strafvergleich mit Mittäter D.________: Die Strafe für D.________ war höher, was das Obergericht aufgrund dessen Beteiligung an einem weiteren, nicht quantifizierbaren Geschäft und dessen erwiesener wichtigerer Rolle in der Organisation nachvollzog. Asperation und Gesamtstrafe: Das Tatverschulden für den zweiten Transport wurde als leicht eingestuft, mit einer verschuldensangemessenen Strafe von drei Jahren Freiheitsstrafe. Die Einsatzstrafe von vier Jahren für den ersten Transport wurde mit rund 1 ¾ Jahren asperiert, woraus eine Gesamtstrafe von rund 5 ¾ Jahren Freiheitsstrafe resultierte. Dies entsprach dem oberen Bereich der Hansjakob-Tabelle für die Gesamtdrogenmenge. 4. Täterkomponenten (Anpassung des Gesamtstrafmasses): Vorleben: Die eher geringfügigen, nicht einschlägigen Vorstrafen wirkten leicht straferhöhend. Die Tatsache, dass zwei Verurteilungen während des laufenden Verfahrens erfolgten, wurde zusätzlich leicht straferhöhend berücksichtigt. Persönliche Verhältnisse: Eine deutliche Strafreduktion von etwas mehr als einem Jahr wurde aufgrund der erheblichen positiven Entwicklung der persönlichen Verhältnisse des Beschuldigten seit dem erstinstanzlichen Urteil vorgenommen (Handelsschulabschluss, Arbeitsstelle als Kaufmann, Vater eines Sohnes, Abstinenznachweise, aktive Bemühungen zur Lebensänderung, Zuverlässigkeit und Kooperation attestiert). Dies führte zu einem Zwischenfazit von knappen 4 ¾ Jahren Freiheitsstrafe. Strafempfindlichkeit: Eine erhöhte Strafempfindlichkeit wurde verneint. Verhalten nach der Tat und im Strafverfahren: Nicht-Geständnis (erster Transport) und Teilgeständnis (zweiter Transport): Für den ersten Transport zeigte er keine Reue oder Einsicht, was sich neutral auswirkte. Das taktisch geprägte Teilgeständnis für den zweiten Transport (weil auf frischer Tat ertappt) wurde in geringem Umfang strafmindernd berücksichtigt. Erneute Straffälligkeit: Die erneute einschlägige Straffälligkeit während des laufenden Verfahrens (zweiter Drogentransport) wirkte spürbar straferhöhend. Verletzung des Beschleunigungsgebots: Eine Verletzung wurde nicht festgestellt, da die lange Verfahrensdauer teilweise selbst verschuldet war (fehlendes Geständnis, erneute Straffälligkeit). Jedoch wurde die Verzögerung zwischen Einvernahmen und die insgesamt lange Verfahrensdauer im Rahmen von Art. 47 StGB strafmindernd berücksichtigt. 5. Konkretes Strafmass der Freiheitsstrafe: Nach Berücksichtigung all dieser Faktoren (Verhalten nach der Tat und Verfahren, lange Verfahrensdauer) wurde das Strafmass von knappen 4 ¾ Jahren nochmals leicht reduziert auf 4 ½ Jahre Freiheitsstrafe. Die Untersuchungshaft von 424 Tagen wurde vollumfänglich angerechnet. 6. Geldstrafe: Für die Widerhandlungen gegen das WG und SVG wurde eine Gesamtgeldstrafe gebildet. Die Vorinstanz hatte 65 Tagessätze festgesetzt. Das Obergericht passte die Asperation an und setzte eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu CHF 30.00 fest. Trotz verbesserter Einkommensverhältnisse wurde die Tagessatzhöhe aufgrund des Verschlechterungsverbots beibehalten. Da A.________ mehrfach, u.a. für SVG-Delikte, vorbestraft war, wurde eine positive Legalprognose verneint und die Geldstrafe unbedingt ausgesprochen.

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