Fall SK 16 226 + 227

Meta-Informationen
Gericht: Regionalgericht Bern-Mittelland
Urteilsdatum: 16.03.2016
Kanton: BE
Verfahrensart: ordentlich
Geschlecht: männlich
Nationalität: unbekannt
Nebenverurteilungsscore: 1
Vorbestraft: Ja
Einschlägig vorbestraft: Nein
Rolle: Produktion
Deliktsertrag:
Deliktsdauer (Monate): 4

Betäubungsmittel:
  • Marihuana, 1687g, gemisch
  • Haschisch, 13g, gemisch

Mengenmässig (Art. 19 Abs. 2 lit. a): Nein
Bandenmässig (lit. b): Nein
Gewerbsmässig (lit. c): Ja
Anstaltentreffen: Nein
Mehrfach: Ja
Beschaffungskriminalität: Nein
Sanktion

Hauptsanktion: Freiheitsstrafe

Dauer: 13 Monate

Vollzug: bedingt

Zusammenfassung

Vorwurf: A.________ wurde von der Vorinstanz (Regionalgericht Bern-Mittelland) wegen mehrfacher und teilweise gewerbsmässiger Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz (BetmG) sowie des Führens eines Personenwagens in fahrunfähigem Zustand verurteilt. Im Detail umfasste dies den Anbau von Hanfpflanzen zur Gewinnung von Betäubungsmitteln, Handel mit selbst produziertem Marihuana (gewerbsmässig), Anstalten zum Verkauf der Ernte, Erwerb und Einfuhr von 25 Hanfsamen aus Holland, Anbau von zwei Hanfpflanzen (outdoor), Besitz von 1687,1 g brutto Marihuana und 13,4 g brutto Haschisch, Besitz von 1 Minigrip Marihuana (8,4 g brutto) und Konsum einer unbestimmten Menge Marihuana und Amphetamin. Hinzu kam das Führen eines Personenwagens unter dem Einfluss von Drogen. Die Rechtsmittelinstanz (Obergericht des Kantons Bern, 1. Strafkammer) hat A.________ vom Vorwurf der gewerbsmässigen Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz freigesprochen, da die Beweislage für eine effektive, regelmässige Erzielung von grossem Umsatz oder erheblichem Gewinn nicht ausreichte und die Anklageschrift zudem zu ungenau war. Ebenso wurde er vom Anbau und Handel in der Zeit von ca. Mitte 2011 bis ca. Mitte 2014 freigesprochen, da diese Umstände nicht rechtsgenüglich bewiesen werden konnten. Schuldig gesprochen wurde A.________ von der Rechtsmittelinstanz hingegen für: Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz, mehrfach begangen: Aufzucht/Anbau von Hanfpflanzen zur Gewinnung von Betäubungsmitteln (ca. Mitte 2014 bis 29.10.2014 in C.________, 324 Hanfstecklinge und 507 erntereife Hanfpflanzen). Anstalten treffen zum Verkauf der am 29.10.2014 bevorstehenden Ernte. Erwerb und anschliessende Einfuhr von 25 Hanfsamen aus Holland im Jahr 2013. Anbau von zwei Hanfpflanzen (outdoor) im Jahr 2013 in C.________. Besitz von 1687,1 g brutto Marihuana und 13,4 g brutto Haschisch am 29.10.2014 in C.________. Besitz von 1 Minigrip Marihuana (8,4 g brutto) am 29.10.2014 in Ittigen. Konsum einer unbestimmten Menge Marihuana und Amphetamin in der Zeit vom 21.03.2013 bis 28.10.2014. Führen eines Personenwagens in fahrunfähigem Zustand am 29.10.2014 auf der Strecke Ittigen – Worblaufen. Massgebende Erwägungen der Strafzumessung (durch die Rechtsmittelinstanz): Die Rechtsmittelinstanz bestimmte die schwerste Straftat als die Aufzucht/Anbau von Hanfpflanzen und legte hierfür den Strafrahmen gemäss Art. 19 Abs. 1 BetmG (Freiheitsstrafe bis drei Jahre oder Geldstrafe) zugrunde. Das Asperationsprinzip gemäss Art. 49 Abs. 1 StGB kam zur Anwendung. Einsatzstrafe (Aufzucht/Anbau von Hanfpflanzen): Objektive Tatkomponenten: Die beträchtliche Menge von 831 Hanfpflanzen (324 Stecklinge, 507 erntereife Pflanzen), mit einem potenziellen Marktwert von CHF 50'700.00 bis CHF 152'100.00, wirkte sich verschuldenserhöhend aus. Trotz Hanf als "weicher Droge" und vergleichsweise geringeren Gefahren für die Volksgesundheit. Die professionelle Führung der Indooranlagen mit spezifischer Infrastruktur (Wärmelampen, Lüftungsrohre etc.) zeugte von erheblicher krimineller Energie und erhöhte das objektive Tatverschulden. Die Deliktsdauer von ca. vier Monaten war verhältnismässig kurz, jedoch wurde die Tätigkeit nicht freiwillig eingestellt, sondern durch die Polizei. Subjektive Tatkomponenten: A.________ handelte direktvorsätzlich und aus egoistischen Gründen (Geschäft machen, Lebensunterhalt bestreiten). Diese Motive sind tatbestandsimmanent und wurden neutral gewertet. Keine Umstände, die ein rechtskonformes Verhalten unmöglich gemacht hätten, waren ersichtlich. Das subjektive Tatverschulden wurde insgesamt als neutral beurteilt. Fazit Einsatzstrafe: Das Tatverschulden wurde als "leicht" bezeichnet, und eine Einsatzstrafe von 180 Strafeinheiten wurde als angemessen erachtet. Asperation der weiteren Delikte: Anstalten treffen zum Verkauf: Obwohl fakultativer Strafmilderungsgrund (Art. 19 Abs. 3 Bst. a BetmG), war es hier nicht A.________ zuzurechnen, dass es beim Anstaltentreffen blieb. Aufgrund der nötigen Infrastruktur und der Tatsache, dass die Tat durch Polizeieingriff gestoppt wurde, wurde die Strafe "grosszügig" asperiert. Eine Strafe von 80 Strafeinheiten für sich allein wurde auf 40 Strafeinheiten asperiert, was die Gesamtstrafe auf 220 Strafeinheiten erhöhte. Übrige Widerhandlungen gegen das BetmG (Erwerb/Einfuhr von Hanfsamen, Anbau zweier Hanfpflanzen, Besitz von Marihuana/Haschisch): Geringe Rechtsgutgefährdung, keine besondere kriminelle Energie erforderlich. Direkter Vorsatz und egoistische Gründe waren tatbestandsimmanent und neutral. Eine Strafe von 40 Strafeinheiten wurde für sich allein als angemessen erachtet und auf 30 Strafeinheiten asperiert. Die Gesamtstrafe erhöhte sich auf 250 Strafeinheiten. Führen eines Personenwagens in fahrunfähigem Zustand: Fahren unter Mischkonsum von THC und Amphetamin über ca. 2 km wirkte straferhöhend. Eventualvorsatz und egoistische Gründe wurden neutral gewichtet. Das Tatverschulden wurde als "leicht" eingestuft. Eine Strafe von 15 Strafeinheiten wurde für sich allein als angemessen erachtet und auf 10 Strafeinheiten asperiert. Die Gesamtstrafe erreichte 260 Strafeinheiten. Täterkomponenten: Vorbestrafung: A.________ war teilweise einschlägig vorbestraft (Fahren in fahrunfähigem Zustand aus dem Jahr 2011), was sich straferhöhend auswirkte, da die bedingte Geldstrafe ihn offensichtlich nicht abhielt. Verhalten nach der Tat/im Verfahren: A.________ zeigte sich zunehmend unkooperativ, aufbrausend und verweigerte teilweise die Mitwirkung. Er gestand nur das, was bereits durch objektive Beweismittel belegt war, bagatellierte seine Taten und zeigte keine Reue. Sein Verhalten (z.B. Zwischenrufe, Nicht-Erscheinen vor Obergericht) wirkte sich leicht straferhöhend aus. Fazit Täterkomponenten: Diese wirkten sich straferhöhend aus und erhöhten die Strafe um weitere 10 Strafeinheiten auf 270 Strafeinheiten. Strafmass und Strafart: Die Kammer erachtete eine Geldstrafe von 270 Tagessätzen als angemessen. Die Höhe des Tagessatzes wurde auf CHF 30.00 festgelegt, basierend auf den damaligen wirtschaftlichen Verhältnissen (monatliches Nettoeinkommen von CHF 3'500.00, Privatschulden von CHF 60'000.00) und trotz fehlender aktueller Informationen aufgrund des Wegzugs ins Ausland. Der Vollzug der Geldstrafe wurde bedingt ausgesprochen, da A.________ seit den Taten nicht erneut straffällig geworden war und die Voraussetzungen für einen bedingten Vollzug als gegeben erachtet wurden. Die Probezeit wurde auf 2 Jahre festgesetzt. Zusätzlich wurde eine unbedingte Verbindungsgeldstrafe von 30 Tagessätzen zu CHF 30.00 (total CHF 900.00) ausgesprochen. Dies zur Schaffung einer spürbaren Sanktion und Erhöhung des präventiven Drohpotenzials. Übertretungen: Für den Besitz von 1 Minigrip Marihuana und den Konsum einer unbestimmten Menge Marihuana und Amphetamin (Übertretungen) wurde eine separate Übertretungsbusse von CHF 200.00 festgesetzt, mit einer Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Tagen bei Nichtbezahlung. Widerruf: Das Widerrufsverfahren bezüglich einer früheren bedingten Geldstrafe (aus 2011) wurde eingestellt, da seit Ablauf der Probezeit mehr als drei Jahre vergangen waren und ein Widerruf somit nicht mehr angeordnet werden durfte. Das Obergericht änderte das erstinstanzliche Urteil somit massgeblich ab, indem es die gewerbsmässige Qualifikation aufhob und damit eine mildere Sanktionierung ermöglichte, auch wenn die Tagessätze der Geldstrafe im Vergleich zur Vorinstanz höher ausfielen, die Sanktionsart aber konsistent blieb

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