Meta-Informationen
Gericht: Bezirksgericht Zürich
Urteilsdatum: 10.12.2019
Verfahrensart: ordentlich
Geschlecht: weiblich
Nationalität: unbekannt
Hauptdelikt: Betrug
Mehrfach: Nein
Gewerbsmässig/qualifiziert: Nein
Bandenmässig: Nein
Deliktssumme: 59311
Nebenverurteilungsscore: 0
Vorbestraft: Nein
Einschlägig vorbestraft: Nein
Sanktion

Hauptsanktion: Geldstrafe

Anzahl Tagessätze: 240

Vollzug: bedingt

Zusammenfassung

Anklagevorwurf: Die Beschuldigte wird angeklagt, sich gegenüber den Privatklägern (C._____ und D.) als vermögende, erfahrene und einflussreiche Geschäftsfrau mit Leitungsfunktion ausgegeben zu haben, die ihnen einen Freundschaftsdienst erweisen wolle. Sie soll vorgespiegelt haben, den Privatklägern bei der Lancierung ihrer Kosmetikprodukte auf dem internationalen Weltmarkt hilfreich sein zu können. Durch diese Täuschungen und ihr selbstsicheres Auftreten soll sie ein Vertrauensverhältnis geschaffen haben, um bei der B. GmbH (Privatklägerin 1) mehrfach Dienstleistungen und Produkte auf Rechnung beziehen zu können. Die Anklage wirft ihr vor, weder fähig noch willens gewesen zu sein, die Kosten für die in Anspruch genommenen Leistungen zu bezahlen, wodurch den Privatklägern ein Schaden von Fr. 59'311.20 entstanden sei. Massgebende Erwägungen für die Strafzumessung (des Obergerichts): Das Obergericht hat die Beschuldigte vollumfänglich vom Vorwurf des Betrugs freigesprochen und weicht damit von der vorinstanzlichen Verurteilung ab. Die zentralen Erwägungen für diesen Freispruch sind: Fehlen von Arglist aufgrund von Opfermitverantwortung: Das Obergericht betont, dass Betrug nur arglistiges Verhalten erfasst. Arglist scheidet aus, wenn das Opfer den Irrtum mit einem Mindestmass an Aufmerksamkeit hätte vermeiden können oder wenn ihm geradezu Leichtfertigkeit vorgeworfen werden muss. Warnsignale und Ignoranz der Privatkläger: Die Privatkläger (C._____ und D._____) hatten selbst von Beginn an Zweifel am Geschäftsgebaren der Beschuldigten und diese Zweifel verstärkten sich im Laufe der Zeit. Die Marketingleiterin N._____ warnte die Privatkläger mehrfach davor, dass die von der Beschuldigten angebotene Hilfe (schnelle Registrierung und Lancierung von Produkten in I.) nicht realistisch sei. Diese Warnungen wurden von den Privatklägern ignoriert, woraufhin Frau N. schliesslich kündigte. Bereits im Januar 2014, nur drei Monate nach Unterzeichnung der Geheimhaltungsvereinbarung, liessen die Privatkläger Erkundigungen über die Beschuldigte und Herrn K._____ einholen. Die erhaltenen Auskünfte waren "vernichtend" und rieten dringend von einer Zusammenarbeit ab. Trotzdem hielten die Privatkläger an der geschäftlichen Tätigkeit fest. Die Beschuldigte bezog 59-mal Leistungen ohne Bezahlung, und die Privatkläger liessen dies zu, obwohl sich schnell Tausende von Franken an Ausständen ansammelten. Das Gericht empfand es als "naiv und nicht nachvollziehbar", dass die Privatkläger sich immer wieder vertrösten liessen. Der Umstand, dass die Beschuldigte kaum im Internet auffindbar war und nur wenige soziale Kontakte (z.B. ein Freund auf Facebook) hatte, widersprach ihrer Behauptung, über "sehr gute Kontakte" zu verfügen, und hätte die Gutgläubigkeit der Privatkläger schwinden lassen müssen. Unrealistische Hoffnungen der Privatkläger: Das Gericht kommt zum Schluss, dass die Privatkläger trotz der mehrfachen internen und externen Warnungen das Risiko eingegangen sind, auf den Kosten sitzen zu bleiben. Ihre Hoffnungen, sich im asiatischen und arabischen Raum schnell und unkompliziert durch die vermeintlichen Kontakte der Beschuldigten zu etablieren und Kosmetikprodukte zu lancieren, waren "völlig unrealistisch" und "schlichtweg zu gross". Dies führte dazu, dass sie ihre eigenen Zweifel ignorierten und sich von der Beschuldigten "alles schön reden liessen". Fazit des Obergerichts: Die Privatkläger haben grundlegendste Vorsichtsmassnahmen missachtet und völlig leichtfertig gehandelt. Sie mussten sich des Risikos bewusst sein, auf den aufgelaufenen Kosten von rund Fr. 60'000.– sitzen zu bleiben, und verschlossen davor einfach die Augen. Das weltgewandte Auftreten und die gute Rhetorik der Beschuldigten vermögen die Opfermitverantwortung bei den mehrfachen Warnsignalen und eigenen Vorbehalten nicht auszuschliessen. Daher ist die Arglist zu verneinen und die Beschuldigte vollumfänglich vom Vorwurf des Betrugs freizusprechen.

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