Meta-Informationen
Gericht: Bezirksgericht Zürich
Urteilsdatum: 16.12.2014
Verfahrensart: ordentlich
Geschlecht: männlich
Nationalität: unbekannt
Hauptdelikt: ung. Geschäftsbesorgung
Mehrfach: Ja
Gewerbsmässig/qualifiziert: Nein
Bandenmässig: Nein
Deliktssumme: 141083
Nebenverurteilungsscore: 3
Vorbestraft: Nein
Einschlägig vorbestraft: Nein
Sanktion

Hauptsanktion: Freiheitsstrafe

Dauer: 24 Monate

Vollzug: bedingt

Zusammenfassung

b) Massgebende Erwägungen für die Strafzumessung und Abweichungen von der Vorinstanz: Das Obergericht sprach den Beschuldigten der mehrfachen qualifizierten ungetreuen Geschäftsbesorgung im Sinne von Art. 158 Ziff. 1 Abs. 1 und 3 StGB schuldig. Hinsichtlich des Vorwurfs der qualifizierten Veruntreuung bzw. der qualifizierten ungetreuen Geschäftsbesorgung gemäss Anklageziffer C (bezüglich der Retrozessionen von Privatkläger B._____) wurde der Beschuldigte vom Obergericht jedoch freigesprochen. Die Vorinstanz (Bezirksgericht) hatte ihn in diesem Punkt noch schuldig gesprochen. Das Obergericht begründete den Freispruch damit, dass die Retrozessionen dem Beschuldigten von der Bank direkt ausgezahlt wurden und somit nicht "anvertraut" im Sinne der Veruntreuung waren. Eine separate strafbare Verletzung der Rechenschaftspflicht wurde verneint, da die übermässigen Retrozessionen bereits vom Hauptvorwurf (übermässige Umschichtung) erfasst seien und das Bundesgericht die unterlassene Herausgabe allein als zivilrechtlich relevant erachte. Massgebende Erwägungen für die Strafzumessung durch das Obergericht: Schuldspruch und objektive Tatschwere: Das Obergericht stützte sich auf verschiedene Indikatoren für Churning: Turnover-Ratios: Die Umschlagshäufigkeit der Depots war bei allen Kunden sehr hoch (z.B. für G._____ 18.37 Mal in 4 Monaten, hochgerechnet 55.11 Mal pro Jahr; für C._____ 20.28 Mal p.a.; für B._____ 13.8 Mal p.a.). Cost-to-Equity-Ratios/Break-Even-Betrachtung: Es wären unrealistisch hohe Renditen erforderlich gewesen, um die Bankspesen zu decken (z.B. für G._____ 41.20% in 4 Monaten, hochgerechnet 126.6% p.a.; für C._____ 50.4% p.a.; für B._____ 40.75% p.a.). Gutachten: Das eingeholte Gutachten bestätigte, dass ein wirtschaftlicher Erfolg oder eine im Kundeninteresse liegende Handelstätigkeit aufgrund der aktiven Strategie und des gewählten Gebührenmodells von vornherein praktisch unmöglich war. Die hohe Handelsfrequenz sei mit dem Gebührenmodell nicht kompatibel gewesen. Interessenkonflikt: Das prozentuale, nicht gedeckelte Retrozessionsmodell führte zu einem klaren Interessenkonflikt. Schaden: Bei C._____ entstand ein Schaden von mindestens Fr. 165'080.33, bei B._____ von Fr. 213'486.18 und bei G._____ von Fr. 141'083.25, jeweils in Höhe der verursachten Bankspesen (Courtagen). Pflichtverletzung: Der Beschuldigte informierte die Kunden nicht aktiv über die Höhe der angefallenen Gebühren und Retrozessionen. Subjektiver Tatbestand: Es wurde ein direkter Vorsatz und Bereicherungsabsicht festgestellt. Der Beschuldigte hatte über 40 Jahre Berufserfahrung und frühere Erfahrungen mit Kundenbeschwerden wegen übermässiger Courtagen. Er generierte seine Haupteinkünfte im Tatzeitraum aus Retrozessionen, die weit über den üblichen Honoraren lagen, und musste die Vermögenschädigung als logische Folge seines Handelns erkennen. Einsatzstrafe und Asperation: Für die schwerwiegendste Tat (G._____) wurde eine Einsatzstrafe von 16 Monaten Freiheitsstrafe angesetzt. Für die Delikte gegenüber C._____ und B._____ wurden jeweils gedanklich 14 Monate Freiheitsstrafe veranschlagt. In Anwendung des Asperationsprinzips (unter Berücksichtigung des engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhangs der Taten) wurde die Gesamtstrafe auf 32 Monate Freiheitsstrafe erhöht. Strafmilderungsgründe: Verletzung des Beschleunigungsgebots: Die lange Verfahrensdauer von insgesamt 16 Jahren (7.5 Jahre Untersuchung, 3 Jahre erstes Berufungsverfahren, 3 Jahre zweites Berufungsverfahren) wurde als deutlich strafmindernd berücksichtigt. Vermindertes Strafbedürfnis (Art. 48 lit. e StGB): Alle Tatvorwürfe wären im heutigen Zeitpunkt verjährt gewesen, und der Beschuldigte ist seitdem nicht mehr straffällig geworden. Strafreduktion: Die Kombination dieser beiden Gründe führte zu einer Reduktion der Strafe um 50%. Hohes Alter (77 Jahre): Wurde im Rahmen der Strafempfindlichkeit berücksichtigt, führte aber nach der bereits erfolgten 50%-Reduktion zu keiner weiteren Minderung. Vorstrafenlosigkeit: Wurde als strafzumessungsneutral gewertet. Endgültige Sanktion und Vollzug: Unter Berücksichtigung aller Faktoren resultierte eine Freiheitsstrafe von 16 Monaten. Der Vollzug der Freiheitsstrafe wurde bedingt aufgeschoben mit einer Probezeit von 2 Jahren, da der Beschuldigte Ersttäter ist und das Verschlechterungsverbot zu beachten war (die Vorinstanz hatte ebenfalls eine bedingte Strafe verhängt).

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