Meta-Informationen
Gericht: Bezirksgericht Bülach
Urteilsdatum: 28.09.2023
Verfahrensart: ordentlich
Geschlecht: männlich
Nationalität: Schweizerin/Schweizer
Hauptdelikt: Betrug
Mehrfach: Nein
Gewerbsmässig/qualifiziert: Ja
Bandenmässig: Nein
Deliktssumme: 104450
Nebenverurteilungsscore: 9
Vorbestraft: Ja
Einschlägig vorbestraft: Ja
Sanktion

Hauptsanktion: Freiheitsstrafe

Dauer: 32 Monate

Vollzug: teilbedingt

Zusammenfassung

Zusammenfassung Anklagevorwurf und massgebende Erwägungen für die Strafzumessung: Anklagevorwurf: Dem Beschuldigten wurde vorgeworfen, verschiedene Firmen im Sicherheitsbereich geführt zu haben und dabei wahrheitswidrig Stellen für Detektiv- oder Sicherheitskräfte angeboten zu haben. Über verschiedene Jobportale schrieb er nicht existierende Stellen aus und führte "Bewerbungsgespräche". Die Interessierten wurden dazu gebracht, teure interne Kurse zu absolvieren, die sie mehrheitlich nicht bestanden. Teilweise wurden auch Reservierungs- oder Nachgebühren verlangt. Der Beschuldigte verschleierte seine Identität und Rolle, indem er andere Personen als Inhaber im Handelsregister eintragen liess und falsche Namen verwendete. Mit diesem Vorgehen erwirtschaftete er in über 50 Fällen einen Betrag von über Fr. 100'000.– über einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren. Dieses Verhalten wurde als gewerbsmässiger Betrug und mehrfaches Vergehen gegen das Bundesgesetz über den unlauteren Wettbewerb angeklagt. Zusätzlich wurde ihm vorgeworfen, seine Ex-Partnerin, die Mutter seiner Tochter, beschimpft, mehrmals bedroht und zweimal tätlich angegangen zu haben. Er setzte sie stark unter Druck, tauchte unerwünscht vor ihrer Wohnung auf und verfolgte sie, was dazu führte, dass sie mit der Tochter ins Frauenhaus flüchten musste. Er versuchte sogar, ihren Aufenthaltsort mittels eines GPS-Senders im Plüschtier der Tochter herauszufinden. Dies wurde als Nötigung, mehrfache Drohung, Beschimpfung und mehrfache Tätlichkeiten angeklagt. Weitere Anklagepunkte umfassten die Vernachlässigung von Unterhaltspflichten gegenüber seinem Sohn in Höhe von über Fr. 11'000.–, mehrfachen Hausfriedensbruch durch Missachtung eines Hausverbots am Flughafen Zürich und ein vorsätzliches Vergehen gegen das Waffengesetz wegen des Besitzes und Transports eines als Taschenlampe getarnten Elektroschockgeräts. Massgebende Erwägungen für die Strafzumessung: Das Gericht ging bei der Strafzumessung von den eingestandenen Sachverhalten und der rechtlichen Würdigung der Vorinstanz aus, da der Beschuldigte die Anklagesachverhalte vor dem Berufungsgericht vollumfänglich anerkannt hatte. Die vorinstanzliche Strafe stellte aufgrund des Verschlechterungsverbots die Höchstgrenze dar. Hinsichtlich des gewerbsmässigen Betrugs wurde die Deliktssumme von über Fr. 100'000.– als relevant, aber im Vergleich zu anderen Fällen noch als gering erachtet. Die grosse Anzahl von Geschädigten (56 Fälle) und die bewusste Ausnutzung der Notlage und Unerfahrenheit der Opfer (Arbeitslose, Sozialhilfebezüger etc.) wurden als besonders verwerflich eingestuft. Das Vorgehen wurde als besonders raffiniert und ausgeklügelt bewertet, was von einer recht hohen kriminellen Energie zeugte. Das objektive Tatverschulden wurde als knapp noch leicht qualifiziert. Subjektiv handelte der Beschuldigte mit direktem Vorsatz und uneingeschränkter Schuldfähigkeit. Sein Motiv war rein egoistisch und finanziell, zur Befriedigung seiner Geltungssucht und eines luxuriösen Lebensstils. Das Verhalten war auf Dauer angelegt. Aufgrund der Tatschwere und der mangelnden spezialpräventiven Wirkung einer Geldstrafe wurde eine Freiheitsstrafe als angezeigt erachtet. Die Einsatzstrafe wurde im oberen Bereich des unteren Strafrahmendrittels auf 30 Monate Freiheitsstrafe festgelegt. Das mehrfache Vergehen gegen das UWG hatte aufgrund des engen Zusammenhangs zum gewerbsmässigen Betrug nur eine marginale selbständige Bedeutung. Das Verschulden wurde als noch leicht bewertet. Auch hier wurde aus spezialpräventiven Gründen eine Freiheitsstrafe als notwendig erachtet. Eine Einheitsstrafe von 4 Monaten Freiheitsstrafe wurde als angemessen erachtet. Beim Deliktskomplex der häuslichen Gewalt/Stalking (Nötigung und mehrfache Drohung) wurden die Einzelstrafen separat beurteilt. Die Nötigung erstreckte sich über knapp ein Jahr und schränkte die Geschädigte erheblich in ihrer Lebensentfaltung ein. Das ständige Auflauern, Nachstellen und der Versuch, den Aufenthaltsort mittels GPS-Sender herauszufinden, wurden als besonders hinterhältig und schwerwiegend eingestuft. Subjektiv handelte der Beschuldigte direktvorsätzlich und uneingeschränkt schuldfähig. Das Motiv war die persönliche Kränkung. Das Gesamtverschulden wurde als nicht mehr leicht qualifiziert. Eine Geldstrafe wurde als weder schuldangemessen noch zweckmässig erachtet. Eine Einzelstrafe von 14 Monaten Freiheitsstrafe wurde als angemessen befunden. Die mehrfachen Drohungen (insgesamt fünf) waren im Rahmen des Stalkings begangen worden. Die angedrohten Übel (Tod, Körperverletzungen, Entführung der Tochter) wurden als sehr schwer bewertet, insbesondere die Drohung mit dem Tod oder der Entführung des Kindes. Das Verschulden wurde als nicht mehr leicht eingestuft. Auch hier wurde eine Geldstrafe als nicht ausreichend präventiv erachtet. Für jede einzelne Drohung wurde eine Einzelstrafe von 4 Monaten Freiheitsstrafe festgesetzt. Die beiden Vorfälle des mehrfachen Hausfriedensbruchs wurden aufgrund ihrer Gleichartigkeit gemeinsam gewürdigt. Das betroffene Areal (Flughafen) wurde als öffentlich zugänglich mit geringerer Störung des Hausrechts im Vergleich zu einer Privatwohnung bewertet. Die Besuche waren von kurzer Dauer und dienten legalen Zwecktätigkeiten. Subjektiv handelte der Beschuldigte vorsätzlich, da er das Hausverbot kannte. Das Gesamtverschulden wurde als sehr leicht bewertet. Eine Geldstrafe von je 20 Tagessätzen wurde als angemessen erachtet. Bei der Vernachlässigung von Unterhaltspflichten war die Schadenssumme (über Fr. 11'000.–) verhältnismässig gering. Erschwerend wirkte sich jedoch aus, dass der Beschuldigte über Mittel verfügte, diese aber für seinen luxuriösen Lebensstil verwendete. Das wurde als Abweichung von typischen Fällen gesehen. Subjektiv handelte er direkt vorsätzlich, aus Egoismus und Gleichgültigkeit gegenüber dem Kind. Das Gesamttatverschulden wurde als noch eher leicht bewertet. Eine Geldstrafe von 120 Tagessätzen wurde als angemessen erachtet. Das Vergehen gegen das Waffengesetz betraf ein Elektroschockgerät. Dessen Gefährlichkeit wurde als vergleichsweise geringer als bei Stich- oder Schusswaffen eingeschätzt. Das Verschulden wurde insgesamt als leicht bewertet. Eine Einsatzstrafe in Form einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen wurde als angemessen erachtet. Die Beschimpfung (Begriffe "Hure", "Nutte") wurde als schwere Beleidigung bewertet, auch wenn sie einmalig und unter vier Augen stattfand. Subjektiv handelte der Beschuldigte vorsätzlich. Das Verschulden wurde als leicht qualifiziert. Eine Geldstrafe von 15 Tagessätzen wurde als angemessen erachtet. Anschliessend wurden die gleichartigen Strafen (Freiheitsstrafen und Geldstrafen) nach dem Asperationsprinzip zu Gesamtstrafen zusammengeführt. Die schwerste Tat (gewerbsmässiger Betrug) bildete die Einsatzstrafe für die Freiheitsstrafen. Die Delikte wurden in Gruppen (Betrug/UWG und Stalking) zusammengefasst, wobei zwischen den Gruppen wenig und innerhalb der Stalking-Gruppe stärker asperiert wurde. Daraus ergab sich eine vorläufige Gesamtstrafe von 49 Monaten Freiheitsstrafe und 170 Tagessätzen Geldstrafe. Bei den Geldstrafen diente die Vernachlässigung von Unterhaltspflichten als Einsatzstrafe. Hier wurde zwischen den einzelnen Delikten nur wenig asperiert. Daraus ergab sich eine vorläufige Gesamtstrafe von 170 Tagessätzen Geldstrafe. Bei der Würdigung der Täterkomponenten wurden die persönlichen Verhältnisse und der Werdegang des Beschuldigten als strafneutral eingestuft. Die einschlägige Vorstrafe wurde als leicht straferhöhend berücksichtigt, wobei die lange Zeit seit den Taten eine relativierende Wirkung hatte. Die Verfahrensverzögerung wurde nicht strafmindernd berücksichtigt, da der Beschuldigte sie mitverursacht hatte und kein Wohlverhalten vorlag. Das Geständnis wurde merklich strafmindernd berücksichtigt, während Einsicht und Reue als nur gering erachtet wurden. Das Nachtatverhalten, insbesondere die freiwillige Therapie, wirkte merklich strafmindernd. Dies führte zu einer Reduktion der Freiheits- und Geldstrafen um rund einen Fünftel, was eine theoretische Sanktion von 40 Monaten Freiheitsstrafe und 136 Tagessätzen Geldstrafe ergab. Aufgrund des Verschlechterungsverbots musste jedoch die vorinstanzliche Freiheitsstrafe von 32 Monaten bestätigt werden. Beim Strafvollzug wurde die Legalprognose als ungünstig bewertet, im Gegensatz zur wohlwollenden Beurteilung der Vorinstanz. Frühere Verurteilungen und Massnahmen hatten keine nachhaltige Wirkung gezeigt, und der forensisch-psychiatrische Gutachter attestierte eine deutliche Rückfallgefahr und schloss eine ambulante Massnahme aus. Angesichts dieser ungünstigen Prognose und des Verschlechterungsverbots musste es beim teilbedingten Vollzug der Freiheitsstrafe und dem bedingten Vollzug der Geldstrafe bleiben. Die Probezeit von 4 Jahren wurde als angemessen bestätigt.

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