Hauptsanktion: Freiheitsstrafe
Dauer: 27 Monate
Vollzug: teilbedingt
Dem Beschuldigten A._____ wurde vorgeworfen, mehrere Straftaten begangen zu haben: Mehrfacher, teilweise versuchter Betrug und mehrfache Urkundenfälschung (Dossier 1): Kreditantrag vom 26. März 2020: Der Beschuldigte soll als faktisches Organ der D._____ GmbH einen COVID-19-Kreditantrag über CHF 500'000 bei der PostFinance gestellt haben. Dabei habe er einen Umsatzerlös von CHF 5 Mio. angegeben, obwohl dieser tatsächlich nur ca. CHF 120'000 betrug. Zudem soll er falsche Angaben zum Verwendungszweck des Kredits gemacht haben. Er habe gewusst, dass seine Angaben unwahr waren und darauf vertraut, dass die PostFinance keine Überprüfung vornehmen würde. Die PostFinance sei durch die falschen Angaben in einen Irrtum versetzt und geschädigt worden, da der Kredit zweckwidrig verwendet wurde. Des Weiteren wurde die bewusste Verwendung der digitalen Unterschrift von E._____ vorgeworfen. Kreditantrag vom 1. Juli 2020: Hierbei wurde der Vorwurf der Verwendung der elektronischen Unterschrift von E._____ für einen weiteren Kreditantrag über CHF 500'000 erhoben, ohne deren Wissen. Kreditantrag vom 15. Juli 2020: Der Beschuldigte soll für die C._____ GmbH einen Kreditantrag über CHF 250'000 bei der PostFinance gestellt haben. Er habe dabei einen Umsatzerlös von CHF 2.5 Mio. deklariert, obwohl die Gesellschaft 2019 noch keine Geschäftstätigkeit hatte und erst im Frühjahr 2020 übernommen wurde. Auch hier sei der Verwendungszweck falsch angegeben worden, um einen unrechtmässigen Vorteil zu erlangen. Mehrfaches Fahren ohne Berechtigung (Dossier 3): Dem Beschuldigten wurde vorgeworfen, in der Zeit vom 29. März 2019 bis September 2020 regelmässig ein Fahrzeug in der Schweiz gelenkt zu haben, ohne über einen gültigen Schweizerischen Führerschein zu verfügen. Massgebende Erwägungen für die Strafzumessung (Obergericht): Das Obergericht hat die Strafzumessung der Vorinstanz weitgehend bestätigt, jedoch mit einigen Abweichungen in der rechtlichen Würdigung der Delikte und der Begründung der Strafhöhe. Freisprüche der Vorinstanz: Die Freisprüche der Vorinstanz (versuchter Betrug, Unterlassen der Buchführung, mehrfache Urkundenfälschung Dossier 2, Täuschung der Behörden Dossier 2, Urkundenfälschung Dossier 3) wurden bestätigt und sind in Rechtskraft erwachsen. Abweichende rechtliche Würdigung der Hauptdelikte: Betrug vom 26. März 2020: Das Obergericht kam zum Schluss, dass die Vorinstanz fälschlicherweise von einem vollendeten Betrug ausgegangen war. Tatsächlich sei die PostFinance nicht durch die Täuschung des Beschuldigten in einen Irrtum versetzt worden, da sie im Rahmen eines "Quickchecks" die Diskrepanz zwischen angegebenem und realem Umsatz bemerkt und den Kreditantrag zunächst abgelehnt hatte. Die spätere Kreditgewährung erfolgte aus "unbekannten und sich nicht aus den edierten Bankunterlagen ergebenden anderen Gründen" und war nicht auf das betrugsbedingte Handeln des Beschuldigten zurückzuführen. Daher wurde der Beschuldigte lediglich des mehrfachen versuchten Betrugs schuldig gesprochen. Die Arglist des Beschuldigten wurde bejaht, da er davon ausging, dass der Antrag nicht überprüft werden würde. Urkundenfälschung vom 26. März 2020: Die Verurteilung wegen Urkundenfälschung in Bezug auf die falschen Umsatzangaben im Kreditantrag wurde bestätigt. Das Gericht bekräftigte, dass solchen Angaben in COVID-19-Kreditantragsformularen Urkundenqualität zukommt, da die Banken auf die Richtigkeit dieser Selbstdeklarationen vertrauen durften. Urkundenfälschung vom 1. Juli 2020 (Unterschrift E._____): Das Obergericht sprach den Beschuldigten vom Vorwurf der Urkundenfälschung im engeren Sinn (Verwendung der Unterschrift E.) frei. Es wurde festgestellt, dass E. dem Beschuldigten eine umfassende Generalvollmacht für die Geschäfte der D._____ GmbH erteilt hatte und damit von einer konkludenten Einwilligung zur Verwendung ihrer elektronischen Unterschrift auszugehen sei. Es gab keine Anhaltspunkte dafür, dass die Unterschrift deliktisch erlangt wurde. Versuchter Betrug und Urkundenfälschung vom 15. Juli 2020: Die Verurteilung wegen versuchten Betrugs und Urkundenfälschung für diesen Vorgang wurde bestätigt. Auch hier waren die Angaben zu Umsatz und Gründungsdatum der C._____ GmbH eklatant falsch und bewusst wider besseres Wissen erfolgt, um einen unrechtmässigen Vorteil zu erzielen. Mehrfaches Fahren ohne Berechtigung: Die Verurteilung in diesem Punkt wurde bestätigt, da die wiederholten Fahrten ohne gültige Berechtigung durch die Aussagen des Beschuldigten und die behördlichen Auskünfte belegt waren. Strafzumessung: Einsatzstrafe für den versuchten Betrug (26. März 2020): Obwohl das Delikt nur versucht war, wurde der hohe Delikts- bzw. Schadensbetrag (CHF 500'000) als gewichtig erachtet. Der Beschuldigte nutzte die Notlage skrupellos aus. Unter Berücksichtigung des Versuchs wurde eine Einsatzstrafe von 16 Monaten Freiheitsstrafe festgelegt. Erhöhung für den versuchten Betrug (15. Juli 2020): Der ebenfalls hohe Deliktsbetrag (CHF 250'000) und die skrupellose Ausnutzung der Pandemielage führten zu einer Erhöhung der Einsatzstrafe um 10 Monate. Erhöhung für die Urkundenfälschung (26. März 2020): Die massive Falschangabe des Umsatzes und die Erlangung der maximalen Kreditlinie wurden als nicht mehr leichte Tatschwere bewertet. Die Einsatzstrafe wurde um 5 Monate erhöht. Erhöhung für die Urkundenfälschung (15. Juli 2020): Auch hier führten die massiven Falschangaben zur Erhöhung der Einsatzstrafe um 4 Monate. Täterkomponente: Eine frühere Vorstrafe aus dem Jahr 2013 (mehrfacher Diebstahl) wurde als sehr leicht straferhöhend berücksichtigt. Die persönlichen Verhältnisse (Arbeitsunfähigkeit, Sozialhilfe, Schulden) wirkten sich neutral aus. Angesichts des Verschlechterungsverbots (reformatio in peius) konnte die Gesamtstrafe von 35 Monaten (16+10+5+4) nicht über die von der Vorinstanz ausgesprochenen 27 Monate Freiheitsstrafe hinaus erhöht werden. Fahren ohne Berechtigung: Für dieses Delikt wurde das Verschulden als noch leicht eingestuft. Das Geständnis des Beschuldigten wirkte strafmindernd. Die von der Vorinstanz verhängte Geldstrafe von 180 Tagessätzen wurde auf 120 Tagessätze reduziert. Der Tagessatz wurde aufgrund der finanziellen Verhältnisse des Beschuldigten auf CHF 30.– festgesetzt. Vollzug: Das Obergericht bestätigte den teilbedingten Vollzug der Freiheitsstrafe (21 Monate bedingt, 6 Monate unbedingt) und den bedingten Vollzug der Geldstrafe der Vorinstanz, ebenfalls unter Hinweis auf das Verschlechterungsverbot.