Meta-Informationen
Gericht: Bezirksgericht Zürich
Urteilsdatum: 11.11.2021
Verfahrensart: ordentlich
Geschlecht: männlich
Nationalität: Schweizerin/Schweizer
Hauptdelikt: Betrug
Mehrfach: Nein
Gewerbsmässig/qualifiziert: Ja
Bandenmässig: Nein
Deliktssumme: 1900000
Nebenverurteilungsscore: 0
Vorbestraft: Nein
Einschlägig vorbestraft: Nein
Sanktion

Hauptsanktion: Freiheitsstrafe

Dauer: 36 Monate

Vollzug: teilbedingt

Zusammenfassung

Der Beschuldigte A., ein angestellter Rechtsanwalt ("Salaried Partner") der B2. bzw. später B1._____ (Kanzlei), soll über Jahre hinweg (2003-2014) systematisch Einnahmen aus Mandaten, die er über die Kanzlei akquirierte und mit deren Infrastruktur und Personal bearbeitete, für sich behalten haben. Dies geschah, indem er eine von ihm beherrschte Gesellschaft, die K., zwischenschaltete. Über die K. rechnete er sogenannte "Funktionshonorare" (z.B. für Verwaltungsrats- oder Stiftungsratsmandate) und Vermögensverwaltungsgebühren ab, die nach Ansicht der Anklage seiner Arbeitgeberin zugestanden hätten, da sie im Rahmen seiner vertraglichen Tätigkeit erzielt wurden. Die Anklage bezifferte die so erzielte Deliktssumme ursprünglich mit rund CHF 4 Millionen. Dem Beschuldigten wurde vorgeworfen, die Kanzlei durch Verschweigen dieser Einnahmen arglistig getäuscht zu haben. Zusätzlich wurde A._____ der mehrfachen Urkundenfälschung beschuldigt. Er soll bei insgesamt 13 Kontobeziehungen bei sieben Schweizer Banken in den vorgeschriebenen "Formular A" (Feststellung des wirtschaftlich Berechtigten) wissentlich und willentlich falsche Angaben gemacht haben. Er deklarierte sich selbst (oder einmal eine Drittperson) als wirtschaftlich Berechtigten, obwohl die Konten primär zur provisorischen oder kurzfristigen Platzierung von Kundengeldern dienten. Damit habe er die Banken über die tatsächlichen wirtschaftlich Berechtigten getäuscht, um seinen Kunden diskrete Bankverbindungen zu ermöglichen. Massgebende Erwägungen für die Strafzumessung (Obergericht): Das Obergericht gelangt zu einer reduzierten Strafe im Vergleich zur Vorinstanz, insbesondere aufgrund einer Verletzung des Beschleunigungsgebots. Schuldspruch: Das Obergericht bestätigt die Schuldsprüche wegen gewerbsmässigen Betruges (aArt. 146 Abs. 1 und Abs. 2 StGB) und mehrfacher Urkundenfälschung (Art. 251 Ziff. 1 Abs. 1 und Abs. 2 StGB). Es stellt fest, dass der Anklagesachverhalt betreffend die Deliktssumme auf CHF 1.9 Mio. reduziert wird (nach Abzug plausibilisierter Kundengelder und externer Kosten der K._____ im Umfang von 50% der Honorareinnahmen). Die Täuschung der Kanzlei war arglistig, da ein besonderes Vertrauensverhältnis bestand und die Kanzlei keine Veranlassung zur Kontrolle sah. Die falsche Deklaration der wirtschaftlichen Berechtigung in Formular A stellt eine Falschbeurkundung dar, da der Beschuldigte von Anfang an wusste, dass die Konten auch für Kundengelder genutzt würden und er diese systematisch für seine Kunden einsetzte. Strafzumessung für gewerbsmässigen Betrug (Einsatzstrafe): Objektive Tatschwere: Deutlich erschwerend wirken der sehr hohe Gesamtschaden von annähernd CHF 2 Mio., die lange Delinquenzdauer von rund 11 Jahren und die hohe kriminelle Energie. Mildernd wirkt, dass das Vorgehen nicht besonders raffiniert war (Transaktionen wären grundsätzlich überprüfbar gewesen) und die Kanzlei zu keinem Zeitpunkt in einen finanziellen Engpass geriet. Zudem wurde das besondere Vertrauensverhältnis perfide und systematisch missbraucht. Hypothetische Einsatzstrafe: Angesetzt wird eine hypothetische Einsatzstrafe von 30 Monaten Freiheitsstrafe. Strafzumessung für mehrfache Urkundenfälschung (Einsatzstrafe): Objektive Tatschwere: Deutlich erschwerend ist die beträchtliche Dauer von sechs Jahren (2008-2014) der falschen Angaben in Formular A bei 7 Banken und 13 Kontobeziehungen. Mildernd wirkt, dass der Beschuldigte nicht besonders raffiniert vorging. Hypothetische Einsatzstrafe: Angesetzt wird eine hypothetische Einsatzstrafe von 360 Tagessätzen Geldstrafe. Täterkomponente und Nachtatverhalten: Die persönlichen Verhältnisse und das Vorleben des Beschuldigten werden als strafzumessungsneutral erachtet (nicht vorbestraft zum Tatzeitpunkt). Ein Geständnis oder Einsicht ins Unrecht seiner Taten liegen nicht vor. Verletzung des Beschleunigungsgebots: Die Verfahrensdauer von rund 9 Jahren und 3 Monaten wird als zu lang beurteilt. Dies führt zu einer Strafminderung von 6 Monaten bei der Freiheitsstrafe und 90 Tagessätzen bei der Geldstrafe. Gesamtstrafe und Vollzug: Freiheitsstrafe: Die hypothetische Einsatzstrafe von 30 Monaten für Betrug wird aufgrund der Verletzung des Beschleunigungsgebots um 6 Monate auf 24 Monate Freiheitsstrafe reduziert. Geldstrafe: Die hypothetische Einsatzstrafe von 360 Tagessätzen für Urkundenfälschung wird um 90 Tagessätze auf 270 Tagessätze reduziert. Der Tagessatz wird unter Berücksichtigung der aktuellen finanziellen Verhältnisse des Beschuldigten auf CHF 180.– festgesetzt. Vollzug: Im Gegensatz zur Vorinstanz wird der Vollzug sowohl der Freiheitsstrafe als auch der Geldstrafe vollständig bedingt angeordnet, da der Beschuldigte zum Tatzeitpunkt nicht vorbestraft war und keine Gründe für einen unbedingten Vollzug ersichtlich sind. Die Probezeit beträgt 2 Jahre. Ersatzforderung und Zivilansprüche: Der Beschuldigte wird verpflichtet, dem Staat eine Ersatzforderung für widerrechtlich erlangten Vermögensvorteil in Höhe der festgestellten Deliktssumme von CHF 1.9 Mio. zu bezahlen. Diese Ersatzforderung wird der Privatklägerschaft im zur Deckung ihrer Schadenersatzforderungen nötigen Umfang zugesprochen. Die Schadenersatzforderungen der Privatkläger (aufgeteilt nach den Zeiträumen der Kollektivgesellschaft und der AG) werden im Umfang der festgestellten Deliktssumme gutgeheissen: Privatklägerin 1 erhält CHF 1'000'995.85 zzgl. Zins; Privatkläger 2-4 erhalten je CHF 289'967.30 zzgl. Zins. Im Übrigen werden sie auf den Zivilweg verwiesen. Die beschlagnahmten Barschaften und das Hauptkonto des Beschuldigten bei der Zürcher Kantonalbank (ca. CHF 2.4 Mio.) werden zur Deckung der Ersatzforderung und der Kosten herangezogen. Alle übrigen gesperrten Vermögenswerte (Immobilien, weitere Konten/Depots) werden freigegeben, da die Kosten und Forderungen gedeckt sind.

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