Meta-Informationen
Gericht: Bezirksgericht Bülach
Urteilsdatum: 18.09.2014
Verfahrensart: ordentlich
Geschlecht: männlich
Nationalität: unbekannt
Hauptdelikt: ung. Geschäftsbesorgung
Mehrfach: Nein
Gewerbsmässig/qualifiziert: Nein
Bandenmässig: Nein
Deliktssumme: 139000
Nebenverurteilungsscore: 0
Vorbestraft: Ja
Einschlägig vorbestraft: Nein
Sanktion

Hauptsanktion: Freiheitsstrafe

Dauer: 16 Monate

Vollzug: bedingt

Zusammenfassung

Anklagevorwurf: Dem Beschuldigten A._____ wurde im Anklageabschnitt B die qualifizierte ungetreue Geschäftsbesorgung im Sinne von Art. 158 Ziff. 1 Abs. 1 und 3 StGB vorgeworfen. Dies bezog sich auf "Churning" oder "Gebührenreiterei" im Rahmen seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der E._____ GmbH und Vermögensverwalter für den Privatkläger. Er soll eine Handelsstrategie gewählt haben, bei der die im Kommissionssystem liegenden Möglichkeiten so massiv ausgenutzt wurden, dass keine realen Gewinnchancen mehr bestanden und das Anlagevermögen des Privatklägers aufgrund der exzessiven Häufigkeit der Transaktionen und der damit verbundenen hohen Kommissionen weitgehend aufgezehrt wurde. Zudem wurde ihm vorgeworfen, den Privatkläger unter dem Vorwand, offene Positionen abzusichern oder einen Totalverlust zu vermeiden, zu Nachzahlungen bewegt zu haben, obwohl es primär darum ging, hohe Kommissionen für die E._____ GmbH und somit für sich selbst zu generieren. Massgebende Erwägungen für die Strafzumessung (Obergericht): Schuldspruch und Tatbestandserfüllung: Das Obergericht spricht den Beschuldigten der qualifizierten ungetreuen Geschäftsbesorgung schuldig. Es folgt den verbindlichen Erwägungen des Bundesgerichts, wonach der Freispruch von der Vorinstanz Bundesrecht verletzte. Der Beschuldigte sei Geschäftsführer im Sinne von Art. 158 StGB gewesen und habe eine Handelsstrategie gewählt, die die Kommissionsmöglichkeiten in einem Masse ausreizte, dass keine realen Gewinnchancen mehr bestanden und das Anlagevermögen des Privatklägers weitgehend durch Kommissionen aufgezehrt wurde ("Kommissionsschinderei"). Er habe dabei das eigene Interesse an hohen Kommissionen über das des Privatklägers gestellt. Subjektiver Tatbestand (Vorsatz und Bereicherungsabsicht): Vorsatz: Der Beschuldigte handelte bei intakter Schuldfähigkeit direktvorsätzlich. Ihm war bewusst, dass er verantwortungsvoll mit den Mitteln des Privatklägers umzugehen hatte und diese nicht weitgehend als Kommissionen vereinnahmen durfte. Bereicherungsabsicht: Der Beschuldigte handelte in unrechtmässiger Bereicherungsabsicht. Ihm war aufgrund der täglichen "Equity Runs" bekannt, wie hoch die aufgelaufenen Kommissionen waren. Er wusste, dass die Anzahl der Trades entscheidend für die Höhe der Kommissionen war und hatte als Händler ohne eigenes Marktrisiko ein unmittelbares Interesse daran, möglichst viele Trades auszuführen, um den Gewinn der E._____ GmbH und damit sein persönliches Einkommen zu maximieren. Die Bereicherung war unrechtmässig, da er in Missachtung der Vorgaben des Privatklägers und pflichtwidrig in einem extremen Ausmass handelte, wodurch jegliche realistische Gewinnchance verunmöglicht und das Kapital durch Spesen aufgezehrt wurde. Tatkomponente (Objektives und Subjektives Tatverschulden): Objektive Tatschwere: Dem Privatkläger entstand ein erheblicher Schaden im tiefen sechsstelligen Bereich. Als perfide und von krimineller Energie zeugend wird bewertet, dass der Privatkläger unter dem Vorwand zu Nachzahlungen gebracht wurde, um einen lukrativen Kunden zu halten. Der Beschuldigte nutzte die inferiore Situation des Privatklägers aus, der keinen Zugriff auf seine Gelder hatte und als Nichtfachmann die Auswirkung der Kommissionen nicht erkennen konnte. Der Treuebruch war nicht minimal, sondern gravierend, auch da der Handel trotz mehrmaliger Bitten des Privatklägers um Zurückhaltung fortgesetzt wurde. Positiv vermerkt wird, dass der Beschuldigte nicht von sich aus aufhörte, sondern erst, als kein Geld mehr auf dem Konto war. Die Mitverantwortung des Privatklägers durch Nachlässigkeit und zu viel Vertrauen hat keine strafmindernde Wirkung (keine Verschuldenskompensation im Strafrecht). Das objektive Tatverschulden wird als noch leicht bewertet. Subjektive Tatschwere: Der Beschuldigte handelte direktvorsätzlich aus rein finanziellen, egoistischen Motiven. Da die Bereicherungsabsicht bereits Tatbestandsmerkmal der qualifizierten ungetreuen Geschäftsbesorgung ist, fällt der pekuniäre Beweggrund wegen des Doppelverwertungsverbots nicht zusätzlich ins Gewicht. Fazit Tatkomponente: Das Tatverschulden wiegt insgesamt noch leicht. Die Einsatzstrafe wird im untersten Viertel des Strafrahmens von einem bis fünf Jahren Freiheitsstrafe angesiedelt, d.h. im Bereich von 18-20 Monaten Freiheitsstrafe. Täterkomponente: Die persönlichen Verhältnisse (verheiratet, zwei Söhne, verschiedene berufliche Tätigkeiten im Finanzbereich, Schulden) wirken sich weder zu Gunsten noch zu Lasten aus. Eine Vorstrafe wegen Widerhandlungen gegen das Ausländerrecht datierte nach der hier zu beurteilenden Tat und ist daher unbeachtlich. Fehlendes Geständnis, mangelnde Reue und korrektes Verhalten im Strafverfahren wirken sich neutral aus. Eine besondere Strafempfindlichkeit ist nicht ersichtlich. Die Täterkomponente beeinflusst das Strafmass nicht. Verfahrensdauer und Beschleunigungsgebot: Die lange Dauer der Strafuntersuchung von März 2008 bis November 2013 (insbesondere eine Untätigkeit von ca. 2 1/4 Jahren zwischen März 2010 und Juni 2012) hat das Beschleunigungsgebot (Art. 5 Abs. 1 StPO) tangiert. Dies führt zu einer Reduktion der Einsatzstrafe. Gesamtstrafe: In Würdigung aller massgeblichen Strafzumessungsgründe wird die Einsatzstrafe von 18-20 Monaten Freiheitsstrafe aufgrund der Verletzung des Beschleunigungsgebots auf 16 Monate Freiheitsstrafe reduziert. Vollzug: Der bedingte Vollzug der Freiheitsstrafe wird gewährt, da die Voraussetzungen dafür erfüllt sind. Die Probezeit wird auf zwei Jahre festgelegt, da seit der Tat über 10,5 Jahre vergangen sind, der Beschuldigte seit mehreren Jahren nicht mehr als Vermögensverwalter im Online-Wertschriftenhandel tätig ist und weder Charakter noch Persönlichkeit eine längere Probezeit erfordern.

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