Meta-Informationen
Gericht: Bezirksgericht Zürich
Urteilsdatum: 01.04.2015
Verfahrensart: ordentlich
Geschlecht: männlich
Nationalität: unbekannt
Hauptdelikt: ung. Geschäftsbesorgung
Mehrfach: Ja
Gewerbsmässig/qualifiziert: Nein
Bandenmässig: Nein
Deliktssumme: 362000
Nebenverurteilungsscore: 2
Vorbestraft: Nein
Einschlägig vorbestraft: Nein
Sanktion

Hauptsanktion: Freiheitsstrafe

Dauer: 14 Monate

Vollzug: bedingt

Zusammenfassung

Anklagevorwurf: Dem Beschuldigten wurde vorgeworfen, als Präsident des Verwaltungsrats der D._____ AG die Vermögenswerte der Privatklägerin verwaltet zu haben und dabei seine Pflichten missachtet zu haben. Dies umfasste zwei Hauptpunkte: Retrozessionen (qualifizierte ungetreue Geschäftsbesorgung): Er soll es pflichtwidrig unterlassen haben, Retrozessionen von der UBS AG in Höhe von insgesamt CHF 43'640.03 an die Privatklägerin herauszugeben oder sie darüber zu informieren. Stattdessen habe er diese für den laufenden Geschäftsbetrieb verwendet und sich unrechtmässig bereichert. Dieser Vorwurf wurde von der Vorinstanz teilweise (ab Oktober 2006) als qualifizierte ungetreue Geschäftsbesorgung gewertet, vom Obergericht jedoch vollumfänglich freigesprochen. Anlagestrategie (ungetreue Geschäftsbesorgung): Er soll sich nicht an den vereinbarten Annex "Asset Allocation" des Vermögensverwaltungsvertrags vom 2. September 2002 gehalten haben. Statt die im Vertrag festgelegten prozentualen Anteile für Liquidität, Obligationen, strukturierte Produkte und Aktien einzuhalten, habe er das Vermögen im Zeitraum Januar 2008 bis April 2011 völlig anders und pflichtwidrig angelegt. Dies führte zu einem Schaden, der sich aus der Differenz zwischen einer hypothetischen, vertragskonformen Performance und der effektiven Performance ergab. Die Anklage bezifferte diesen Schaden auf CHF 360'766.33. Kontokorrent-Kredite (ungetreue Geschäftsbesorgung): Er soll im Zeitraum zwischen 2008 und 2010 mehrfach Kontokorrent-Kredite bei der UBS AG für die Privatklägerin aufgenommen haben, obwohl er vertraglich keine solchen Kredite beanspruchen durfte. Dadurch sei ein zusätzlicher Schaden von CHF 2'838.90 entstanden. Massgebende Erwägungen für die Strafzumessung (Obergericht): Das Obergericht sprach den Beschuldigten vom Vorwurf der qualifizierten ungetreuen Geschäftsbesorgung bezüglich der Retrozessionen vollumfänglich frei. Die Rechtslage sei auch nach dem Bundesgerichtsurteil von 2006 nicht derart eindeutig gewesen, dass der Beschuldigte zwingend von der Ungültigkeit der Verzichtserklärung hätte ausgehen müssen. Er habe einem unvermeidbaren Rechtsirrtum unterlegen. Hinsichtlich der Anlagestrategie und der Kontokorrent-Kredite wurde der Beschuldigte der einfachen ungetreuen Geschäftsbesorgung (Art. 158 Ziff. 1 Abs. 1 StGB) für schuldig befunden. Schadenshöhe: Das Obergericht bestätigte den Schaden aus der Anlagestrategie in Höhe von CHF 360'766.33 und den Schaden aus den Kontokorrent-Krediten in Höhe von CHF 2'838.90, was einen gerundeten Gesamtbetrag von CHF 363'605.00 ergibt. Qualifikation der Produkte: Das Obergericht stellte fest, dass die umstrittenen Produkte (Capital Protected Notes Merill Lynch, Bonus-Cert. Goldman Sachs Intl. Ltd, Certificate BNP Paribas) als strukturierte Produkte und nicht als Obligationen zu qualifizieren sind, entgegen der Ansicht der Vorinstanz. Dies führte zur Anwendung der höheren Schadenssumme der Hauptanklage. Einwilligung der Privatklägerin: Das Obergericht befand, dass keine vorherige Absprache oder nachträgliche Genehmigung der risikoreichen Anlagestrategie oder der Kreditaufnahmen durch die Privatklägerin vorlag. Die Aussagen des Beschuldigten hierzu wurden als widersprüchlich und unglaubhaft bewertet und als Schutzbehauptungen angesehen. Die Privatklägerin habe konstant und glaubhaft ihre mangelnden Finanzkenntnisse und ihr Vertrauen in den Beschuldigten geschildert. Seine Angaben, er habe ihr mitgeteilt, der Depotwert sei eigentlich höher, bestätigten die Täuschung und ihr geringes Verständnis. Vertragliche Legitimation: Die Argumentation des Beschuldigten, die Abweichungsklausel im Annex "Asset Allocation" oder die "Ergänzung zum Vertrag betreffend Vermögensverwaltung" hätten sein Handeln legitimiert, wurde zurückgewiesen. Die Abweichungsklausel erlaubte nur kurzfristige Anpassungen an die Marktlage, keine jahrelangen Überschreitungen. Die "Ergänzung" erlaubte aggressive Handelsformen innerhalb des bestehenden Risikoprofils, nicht dessen Aufhebung. Objektives Verschulden: Der Beschuldigte missachtete über einen verhältnismässig langen Zeitraum seine Pflichten und tätigte risikoreichere Anlagen als erlaubt. Er zerstreute die Bedenken der Privatklägerin mit falschen Angaben. Der verursachte Schaden ist mit rund CHF 362'000.00 relativ hoch. Der Vertrauensmissbrauch wurde nicht strafverschärfend berücksichtigt, da er ein wesentliches Merkmal des Delikts ist. Subjektives Verschulden: Der Beschuldigte handelte eventualvorsätzlich hinsichtlich des Schadens und mit direktem Vorsatz hinsichtlich der Pflichtverletzung. Sein Motiv war, frühere Verluste wettzumachen, was leicht strafmindernd berücksichtigt wurde, ebenso seine Zahlung von CHF 50'000.00, obwohl sie den Schaden nicht vollständig ausglich. Vorleben und Nachtatverhalten: Die Vorstrafenlosigkeit wurde strafzumessungsneutral gewürdigt. Ein volles Geständnis, Einsicht und Reue wurden dem Beschuldigten nicht zugutegehalten, da er die wesentlichen äusseren Vorgänge zwar nicht bestritt, jedoch stets seine Pflichtverletzung verneinte. Eine leichte Strafminderung erfolgte jedoch aufgrund der Vereinfachung des Verfahrens durch seine Zugeständnisse zu aktenkundigen Vorgängen. Verletzung des Beschleunigungsgebots: Eine leichte Verletzung des Beschleunigungsgebots wurde angenommen und leicht strafmindernd berücksichtigt. Strafmass: Unter Berücksichtigung aller Umstände setzte das Obergericht eine Freiheitsstrafe von 14 Monaten fest. Da der Beschuldigte nicht vorbestraft ist und keine ungünstige Prognose vorliegt, wurde der Vollzug der Freiheitsstrafe bedingt aufgeschoben mit einer Probezeit von 2 Jahren.

Urteil (PDF) In neuem Tab öffnen