Meta-Informationen
Gericht: Bezirksgericht Dietikon
Urteilsdatum: 03.06.2020
Verfahrensart: ordentlich
Geschlecht: männlich
Nationalität: unbekannt
Hauptdelikt: Veruntreuung
Mehrfach: Nein
Gewerbsmässig/qualifiziert: Nein
Bandenmässig: Nein
Deliktssumme: 2500
Nebenverurteilungsscore: 6
Vorbestraft: Ja
Einschlägig vorbestraft: Ja
Sanktion

Hauptsanktion: Freiheitsstrafe

Dauer: 10 Monate

Vollzug: unbedingt

Zusammenfassung

Anklagevorwurf: Dem Beschuldigten A._____ wurde vorgeworfen, als Motorradmechaniker verschiedene Motorräder oder Fahrzeugteile, die ihm zur Reparatur übergeben wurden, nicht wie vereinbart instandgesetzt, sondern für eigene Zwecke zweckentfremdet oder in einem Fall sogar weiterverkauft zu haben (Veruntreuung). Insbesondere ging es um die Veruntreuung eines Motorrads (Dossier 7). Des Weiteren wurde ihm vorgeworfen, ein Motorrad als gestohlen gemeldet zu haben, obwohl er für dessen Verlust selbst verantwortlich war (Irreführung der Rechtspflege). Weitere Vorwürfe betrafen Verstösse gegen das Strassenverkehrsgesetz, wie das Führen von Motorfahrzeugen trotz entzogenem Führerausweis (mehrfach, Dossiers 2, 5, 8), das Fahren ohne Haftpflichtversicherung und die missbräuchliche Verwendung von Ausweisen und/oder Kontrollschildern. Massgebende Erwägungen für die Strafzumessung durch die Rechtsmittelinstanz (Obergericht): Schuldspruch und Sachverhalt: Veruntreuung (Dossier 7): Der Schuldspruch wegen Veruntreuung (Art. 138 Ziff. 1 StGB) wurde vom Beschuldigten nicht angefochten und damit rechtskräftig. Das Obergericht bestätigte, dass der Beschuldigte durch die Annahme einer Anzahlung und den Verkauf des Motorrads eine unrechtmässige Bereicherung von Fr. 2'500.– erzielte. Obwohl der Betrag nicht sehr hoch sei, sei er nicht zu bagatellisieren. Die direktvorsätzliche Tatbegehung (wissentliches und willentliches Verfügen über das Motorrad wie ein Eigentümer) wurde als schwerwiegend angesehen. Die finanziellen Schwierigkeiten des Beschuldigten zum Tatzeitpunkt wurden als mildernder Umstand berücksichtigt, rechtfertigten das Verhalten aber nicht. Insgesamt wurde das Verschulden als "noch leicht" eingestuft und eine Einsatzstrafe von vier Monaten als angemessen erachtet. Sachentziehung (Dossier 1): Im Gegensatz zur Vorinstanz sprach das Obergericht den Beschuldigten vom Vorwurf der Sachentziehung (Art. 141 StGB) betreffend Sattel und Gepäckträger frei. Es konnte dem Beschuldigten nicht rechtsgenügend nachgewiesen werden, dass er die Gegenstände vorsätzlich vorenthalten wollte. Die Verteidigung konnte glaubhaft machen, dass die Gegenstände verloren gingen und der Beschuldigte lediglich aufgrund organisatorischen Unvermögens die Gegenstände nicht auffinden und zurückgeben konnte, wodurch der nötige Tatvorsatz fehlte. Weitere Delikte (Dossier 2, 5, 8): Die Anklagevorwürfe gemäss Dossier 2 (Irreführung der Rechtspflege, Fahren ohne Haftpflichtversicherung, missbräuchliche Verwendung von Ausweisen und/oder Kontrollschildern, Führen eines Motorfahrzeugs trotz Ausweisentzug) wurden vom Beschuldigten im Berufungsverfahren vollumfänglich eingestanden und als erwiesen erachtet. Die Verurteilung wegen mehrfachen Führens eines Motorfahrzeugs trotz Ausweisentzugs (Dossier 5 und 8) war ebenfalls unangefochten rechtskräftig. Strafzumessung (Asperationsprinzip): Einsatzstrafe: Die Vorinstanz hatte für die Veruntreuung eine Einsatzstrafe von vier Monaten festgesetzt, was das Obergericht als angemessen bestätigte. Straferhöhung für weitere Delikte: Mehrfaches Führen eines Motorfahrzeugs trotz Ausweisentzug (Dossier 5, 8): Die mehrfache Begehung über einen längeren Zeitraum wurde als bedenklich eingestuft und zeigte Gleichgültigkeit gegenüber behördlichem Handeln und dem Gesetz. Obwohl das Verschulden "gerade noch leicht" sei, wurde die Einsatzstrafe hierfür um fünf Monate erhöht. Fahren ohne Haftpflichtversicherung: Einmalige, direktvorsätzliche Tat. Das Verschulden wurde als "leicht" im untersten Bereich des Strafrahmens angesiedelt. Die hypothetische Einsatzstrafe wurde um rund 10 Tage Freiheitsstrafe asperiert und eine zwingende Geldstrafe von 10 Tagessätzen zu Fr. 10.– festgesetzt. Missbräuchliche Verwendung von Kontrollschildern: Einmalige, direktvorsätzliche Tat. Das Verschulden war "sehr leicht". Die Einsatzstrafe wurde um 10 Tage Freiheitsstrafe erhöht. Irreführung der Rechtspflege: Zeugte von krimineller Energie, da der Beschuldigte bewusst eine falsche Fährte legen wollte. Obwohl direktvorsätzlich gehandelt und die schwierige berufliche Situation eine Rolle spielte, war die Tat eher spontan und die Anzeige wurde nicht vollständig deponiert. Das Verschulden wurde als "leicht" im unteren Bereich qualifiziert. Die Einsatzstrafe wurde um zwei Monate erhöht. Zwischenfazit Tatkomponente: Aus den Delikten resultierte eine (hypothetische) Gesamtstrafe von 11 Monaten und 20 Tagen Freiheitsstrafe sowie 10 Tagessätzen Geldstrafe. Täterkomponenten: Biografie und persönliche Verhältnisse: Die berufliche Neuorientierung als Hauswart und die Betreuung des siebenjährigen, leicht autistischen Sohnes wurden als neutrale Faktoren bewertet, die keinen direkten Einfluss auf die Strafzumessung haben. Die Schulden (ca. Fr. 70'000.–) wurden bei der Tagessatzhöhe berücksichtigt. Vorleben und Nachtatverhalten: Die zahlreichen und teils einschlägigen Vorstrafen wurden als signifikant straferhöhend gewertet, da der Beschuldigte sich nicht warnen liess. Trotz Widerruf einer bedingten Geldstrafe und Verlängerung einer Probezeit (Freiheitsstrafe von 10 Monaten vom 08.10.2014) delinquierte er weiter. Dies konnte auch durch die zögerlichen Geständnisse und die Wiedergutmachung des Schadens (Fr. 4'000.– an Privatkläger 2 als tätige Reue) nicht aufgewogen werden. Die Vorinstanzliche Straferhöhung von zwei Monaten aufgrund des Vorlebens wurde bestätigt. Besondere Strafempfindlichkeit: Eine besondere Strafempfindlichkeit aufgrund der Betreuung des Sohnes wurde verneint. Das Gericht betonte, dass die Verbüssung einer Freiheitsstrafe für jede Person eine Härte darstelle und der Beschuldigte bereits frühere Warnungen erhalten und nicht genutzt habe. Ergebnis der Strafzumessung: Nach Berücksichtigung aller Komponenten ergab sich eine Freiheitsstrafe von 13 Monaten und 20 Tagen. Abzüglich 2 Tage Untersuchungshaft. Die Geldstrafe blieb bei 10 Tagessätzen zu Fr. 10.–, da die finanziellen Verhältnisse nach wie vor prekär waren. Widerruf und Gesamtstrafe: Der bedingte Vollzug der mit Urteil des Bezirksgerichts Dietikon vom 8. Oktober 2014 ausgefällten Freiheitsstrafe von 10 Monaten (bei einer Probezeit von 4 Jahren, verlängert um 2 Jahre) wurde widerrufen, da der Beschuldigte alle vorliegenden Delikte während dieser laufenden bzw. verlängerten Probezeit beging und somit die Chance der Bewährung nicht nutzte. Unter Einbezug der widerrufenen Strafe (10 Monate) und der neu festgesetzten Strafe (13 Monate und 20 Tage) wurde eine Gesamtstrafe von 18 Monaten Freiheitsstrafe (unter Anrechnung von insgesamt 4 Tagen erstandener Haft) sowie eine Geldstrafe von 10 Tagessätzen zu Fr. 10.– gebildet (Asperationsprinzip). Vollzug: Das Obergericht wich hier von der Vorinstanz ab. Obwohl die mehrjährige Deliktskarriere des Beschuldigten isoliert betrachtet eine ungünstige Prognose ergeben würde, sah das Obergericht in einer Gesamtschau Gründe für einen teilbedingten Vollzug. Der Beschuldigte zeigte sich mehrheitlich einsichtig und reuig, befand sich nunmehr beruflich in gefestigten Verhältnissen (unbefristete Stelle als Hauswart) und schien eine positive Veränderung in der Beziehung zu seinem Kind zu zeigen (massgebliche Betreuungsverantwortung). Zudem hatte er bisher noch keinen längeren Freiheitsentzug erdulden müssen. Im Sinne einer "allerletzten Chance" wurde ihm für die Freiheitsstrafe der teilbedingte Vollzug gewährt. Der vollziehbare Teil der Strafe wurde auf die Hälfte (9 Monate) festgesetzt, der bedingte Teil ebenfalls auf 9 Monate, mit einer Probezeit von 5 Jahren (der gesetzlich maximalen Probezeit, um den Bedenken an der Legalbewährung Rechnung zu tragen). Die Geldstrafe wurde vollzogen, da ein teilbedingter Vollzug von Geldstrafen gesetzlich nicht vorgesehen ist.

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