Meta-Informationen
Gericht: Bezirksgericht Zürich
Urteilsdatum: 06.05.2020
Verfahrensart: ordentlich
Geschlecht: männlich
Nationalität: unbekannt
Hauptdelikt: Betrug
Mehrfach: Nein
Gewerbsmässig/qualifiziert: Ja
Bandenmässig: Nein
Deliktssumme: 116000
Nebenverurteilungsscore: 3
Vorbestraft: Ja
Einschlägig vorbestraft: Ja
Sanktion

Hauptsanktion: Freiheitsstrafe

Dauer: 30 Monate

Vollzug: unbedingt

Zusammenfassung

Anklagevorwurf: Dem Beschuldigten A._____ wurde von der Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl (Anklageschrift vom 6. Januar 2020) gewerbsmässiger Betrug im Sinne von Art. 146 Abs. 1 und Abs. 2 StGB (Dossiers 2–5) und mehrfache Urkundenfälschung im Sinne von Art. 251 Ziff. 1 StGB (Dossiers 2–5) vorgeworfen. Von weiteren Vorwürfen (gewerbsmässiger Betrug, mehrfache Urkundenfälschung und mehrfaches Vergehen gegen das Markenschutzgesetz betreffend Dossier 7) wurde er freigesprochen. Massgebende Erwägungen für die Strafzumessung (Obergericht): Das Obergericht bestätigt im Wesentlichen die Einschätzung der Vorinstanz, muss sich aber aufgrund des Verbots der reformatio in peius (keine Schlechterstellung des Angeklagten) an die von der Vorinstanz verhängte Strafe halten, auch wenn es zu einem höheren Strafmass gelangen würde. Schuldspruch und Deliktsqualifikation: Der Beschuldigte wird des gewerbsmässigen Betrugs (Dossiers 2-5) und der mehrfachen Urkundenfälschung (Dossiers 2-5) schuldig gesprochen. Die Urkundenfälschungen sind eng mit den Betrugshandlungen verbunden. Dossier 2 (Betrug an B._____ GmbH, CHF 5'000): Der Schuldspruch des Betruges wurde vom Beschuldigten anerkannt. Der Beschuldigte nutzte das Vertrauen der Opfer in einer mental belastenden Situation aus. Dossier 3 (Betrug an C._____, CHF 55'000): Der Beschuldigte täuschte den Privatkläger 2 (junger, finanziell unerfahrener Erwachsener) mit der Vorspiegelung einer lukrativen Investitionsmöglichkeit bei einem "Initial Public Offering". Er erschlich sich das Vertrauen des Opfers durch eine "väterlich-wohlwollende" Freundschaft, zeigte gefälschte Kontoauszüge und behauptete, ein erfolgreicher CEO zu sein. Die Täuschung war arglistig, da der Beschuldigte ein gezieltes Vertrauensverhältnis aufbaute. Die Opfermitverantwortung wurde verneint, da der Privatkläger 2 die für sein Alter und seine Unerfahrenheit notwendigen Vorsichtsmassnahmen ergriffen habe. Dossier 4 (Betrug an D., CHF 32'155, J. AG): Der Beschuldigte reichte gefälschte Betreibungsregisterauszüge und Lohnabrechnungen ein, um eine luxuriöse Wohnung anzumieten, ohne die Miete zu zahlen. Er täuschte zudem die Zahlung des Mietzinses und Depots mit gefälschten Bankbelegen vor. Die Arglist wurde bejaht, da gefälschte Urkunden verwendet wurden, denen im Geschäftsverkehr grundsätzlich vertraut werden darf. Eine grobe Leichtfertigkeit der Vermietungsgesellschaft wurde verneint. Dossier 5 (Betrug an E._____ AG, CHF 39'023.25, M._____ Treuhand und N._____ GmbH): Ähnliches Tatmuster wie Dossier 4, ebenfalls mit gefälschten Urkunden (Betreibungsregisterauszug, Steuer-Schlussrechnung), um eine Wohnung zu mieten ohne zu zahlen. Die Arglist wurde auch hier bejaht, da gefälschte Dokumente verwendet wurden. Gewerbsmässigkeit: Der Beschuldigte handelte über einen Zeitraum von knapp einem Jahr (4 Delikte, 4 Geschädigte, Gesamtschaden CHF 116'000). Er erzielte direkte Einkünfte (CHF 60'000) oder ersparte sich Kosten (Mietwohnungen), die einen namhaften Beitrag zu seiner Lebenshaltung darstellten. Die hohe kriminelle Energie und die Bereitschaft zur Wiederholung werden betont. Die Gewerbsmässigkeit wird bejaht. Strafzumessung im engeren Sinne: Tatkomponente (Verschulden): Objektives Verschulden: Das Obergericht bewertet den Schaden von rund CHF 116'000 als erheblich. Die Vorgehensweise war skrupellos, insbesondere der massive Vertrauensbruch gegenüber den Privatklägern 1 und 2, welche auch emotional schwer getroffen wurden. Bei den Dossiers 4 und 5 war die Arglist zwar nicht übermässig raffiniert, aber auch nicht plump, da sorgfältig gefälschte Urkunden verwendet wurden. Insgesamt wird das objektive Verschulden im oberen Bereich des unteren Drittels des Strafrahmens angesiedelt. Eine hypothetische Einsatzstrafe von 30 Monaten für den gewerbsmässigen Betrug wird als angemessen erachtet. Subjektives Verschulden: Der Beschuldigte handelte aus rein egoistischen, finanziellen Motiven, um einen extravaganten Lebensstil zu finanzieren, nicht aus Notlage. Er verfügte über legale Einkommensmöglichkeiten. Das Nachtatverhalten in Dossier 2, das einzig der Verdeckung diente und den Schaden für das Opfer erhöhte, wird als "Spiel" interpretiert. Verminderte Schuldfähigkeit: Eine leicht verminderte Schuldfähigkeit leichten Grades (Art. 19 Abs. 2 StGB) wird aufgrund früherer Gutachten (narzisstische Persönlichkeitsstörung mit antisozialem Verhalten) und der anhaltenden Relevanz dieser Diagnose als strafmindernd berücksichtigt. Diese vermindert die Einsatzstrafe um 6 Monate. Fazit Tatkomponente: Unter Berücksichtigung der verminderten Schuldfähigkeit wird die Einsatzstrafe für den gewerbsmässigen Betrug auf 24 Monate Freiheitsstrafe festgesetzt. Mehrfache Urkundenfälschung (Dossiers 2-5): Für diese Delikte werden jeweils hypothetische Einsatzstrafen zwischen 2 und 6 Monaten Freiheitsstrafe festgelegt, wobei die verminderte Schuldfähigkeit auch hier strafmindernd wirkt. Asperation (Gesamtstrafenbildung): Ausgehend von der Einsatzstrafe von 24 Monaten für den gewerbsmässigen Betrug werden die zusätzlich verhängten 18 Monate Freiheitsstrafe für die Urkundenfälschungen (die in engem Konnex zum Betrug stehen) gemäss Asperationsprinzip auf 6 Monate angerechnet. Dies führt zu einer durch die Tatkomponente begründeten Freiheitsstrafe von 30 Monaten. Persönliche Strafzumessungsfaktoren / Täterkomponente: Geständnis: Das Geständnis wird leicht strafmindernd berücksichtigt, da es die Untersuchung erleichtert hat. Reue und Einsicht: Keine aufrichtige Reue erkennbar, daher keine Strafminderung. Vorstrafen / Delinquieren trotz laufender Verfahren: Dies ist stark straferhöhend. Der Beschuldigte ist einschlägig vorbestraft (mehrfacher Betrug, gewerbsmässiger Betrug, Urkundenfälschung) und delinquierte trotz laufender Verfahren und früherer Verurteilungen zu hohen Freiheitsstrafen. Er wird als "notorischer und uneinsichtiger Betrüger" bezeichnet. Persönliche Verhältnisse/Vorleben: Keine strafzumessungsrelevanten Faktoren aus dem Vorleben ausser den bereits berücksichtigten Vorstrafen. Strafempfindlichkeit: Keine besondere Strafempfindlichkeit. Verfahrensdauer: Verfahren wurde zügig geführt, keine Strafminderung. Fazit Täterkomponente: Die straferhöhenden Kriterien (Vorstrafen, Uneinsichtigkeit) überwiegen die strafmindernden (Geständnis) klar. Ohne das reformatio in peius Verbot würde das Obergericht die Strafe von 30 Monaten um mindestens 6 Monate auf 36 Monate (3 Jahre) erhöhen. Gesamtwürdigung und Endstrafe: Das Obergericht würde eine Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren als angemessen erachten. Aufgrund des Verbots der reformatio in peius (Art. 391 Abs. 2 StPO) bleibt es jedoch bei der von der Vorinstanz verhängten Freiheitsstrafe von 2 ½ Jahren (30 Monate). Die bereits geleistete Untersuchungs- und Sicherheitshaft von 820 Tagen ist anzurechnen. Vollzug: Ein vollbedingter Vollzug ist aufgrund der Strafhöhe nicht möglich. Ein teilbedingter Vollzug erfordert gemäss Art. 42 Abs. 2 StGB besonders günstige Umstände bei rückfälligen Tätern (was hier der Fall ist, da der Beschuldigte bereits zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 4 ½ Jahren verurteilt wurde). Diese besonders günstigen Umstände liegen beim Beschuldigten nicht vor. Seine Unbelehrbarkeit, das Delinquieren trotz früherer Haft und laufender Verfahren sowie das Fehlen eines stabilen beruflichen und privaten Umfelds sprechen gegen eine günstige Prognose. Daher wird der unbedingte Vollzug der Freiheitsstrafe von 2 ½ Jahren angeordnet.

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