Meta-Informationen
Gericht: Bezirksgericht Zürich
Urteilsdatum: 23.08.2017
Verfahrensart: ordentlich
Geschlecht: weiblich
Nationalität: Ausländer/Ausländerin
Hauptdelikt: ung. Geschäftsbesorgung
Mehrfach: Ja
Gewerbsmässig/qualifiziert: Nein
Bandenmässig: Nein
Deliktssumme: 10000000
Nebenverurteilungsscore: 6
Vorbestraft: Nein
Einschlägig vorbestraft: Nein
Sanktion

Hauptsanktion: Freiheitsstrafe

Dauer: 30 Monate

Vollzug: teilbedingt

Zusammenfassung

Anklagevorwurf: Der Beschuldigten A._____ wurde vorgeworfen, in ihrer Funktion als Director und Senior Privat Banker bei der N._____ Switzerland AG und später der H._____ folgende Delikte begangen zu haben: Mehrfache ungetreue Geschäftsbesorgung (Art. 158 Ziff. 1 Abs. 1 StGB): Zwischen dem 27. Januar 2010 und dem 21. Januar 2014 soll sie für 14 Kunden ohne deren Wissen und Zustimmung oder unter falschen/unvollständigen/irreführenden Angaben Fremdwährungsoptionsgeschäfte getätigt haben. Dies führte zu einem Vermögensschaden von insgesamt rund USD 2.5 Mio., rund TRY 76.1 Mio. und CAD 4'900.–. Mehrfache Urkundenfälschung (Art. 251 Ziff. 1 StGB): Zwischen dem 12. April 2010 und dem 21. Januar 2014 soll sie zur Verschleierung der unautorisierten Transaktionen und daraus resultierenden Verluste für fünf Kunden selbst kreierte, gefälschte Bankauszüge erstellt und ihnen zugestellt haben, auf denen die Fremdwährungsoptionen nicht enthalten waren. Mehrfache qualifizierte Veruntreuung (Art. 138 Ziff. 1 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 138 Ziff. 2 StGB): Zwischen dem 24. Juni 2013 und dem 21. Januar 2014 soll sie insgesamt 23 unbewilligte Vermögenstransfers zwischen Kundenkonten vorgenommen und dabei TRY 1'360'150.– und EUR 224'988.– unrechtmässig verschoben haben, um Verluste zu verschleiern oder Margin-Anforderungen zu erfüllen. Massgebende Erwägungen für die Strafzumessung (Obergericht): Das Obergericht qualifiziert das Verhalten der Beschuldigten als mehrfache ungetreue Geschäftsbesorgung, mehrfache Urkundenfälschung und mehrfache qualifizierte Veruntreuung. Es liegt retrospektive Konkurrenz mit einem früheren Strafbefehl vor, wobei wegen unterschiedlicher Sanktionsarten keine Gesamtstrafenbildung erfolgt. Es wird eine Einheitssanktion gebildet, wobei vom Strafrahmen der schwersten Delikt (qualifizierte Veruntreuung) ausgegangen wird. 1. Tatschwere (Einsatzstrafe): Qualifizierte Veruntreuung: Objektiv: Die Beschuldigte verschob in über einem halben Jahr (Juni 2013 - Jan. 2014) unautorisiert USD 405'399.–, TRY 772'500.– und EUR 173'000.– zwischen Kundenkonten. Dies führte zur Illiquidität und damit zur Gefährdung der obligatorischen Ansprüche der Kunden gegenüber der Bank. Die Deliktssumme ist erheblich. Subjektiv: Sie handelte vorsätzlich, um unautorisierte Optionsgeschäfte und Verluste zu verschleiern und Margin-Anforderungen zu erfüllen. Ihr Motiv war die Vertuschung ihres illegalen Verhaltens (Selbstbegünstigung) und nicht besonders hohe kriminelle Energie. Einsatzstrafe (Obergericht): 15 Monate Freiheitsstrafe. Urkundenfälschung: Objektiv: Über 50 gefälschte Konto-/Depotaufstellungen wurden über Jahre (2010-2014) für 5 Kunden erstellt und zugestellt/gezeigt. Die Fälschungen waren simpel. Die mehrfache Begehung gegenüber verschiedenen Kunden ist straferhöhend. Subjektiv: Vorsätzliches Handeln, um unautorisierte Optionsgeschäfte und Verluste zu vertuschen und berufliche/finanzielle Konsequenzen abzuwenden. Asperation (Obergericht): Erhöhung der Einsatzstrafe um 4 Monate. Ungetreue Geschäftsbesorgung: Objektiv: Über rund 2.5 Jahre (2011-2014) wurden für 8 Kunden unautorisierte, hochspekulative Fremdwährungsoptionsgeschäfte getätigt, die zu Verlusten in zweistelliger Millionenhöhe führten. Ein Teil der Verluste ist auf unvorhersehbare politische Entwicklungen in der Türkei zurückzuführen, was die Tatschwere etwas relativiert. Das Tätigen solcher Geschäfte ohne Kundenkenntnis stellt eine schwere Pflichtverletzung dar. Subjektiv: Eventualvorsätzliche Tatbegehung. Die naive Vorstellung der Beschuldigten, den Markt beherrschen zu können und keine Verluste zu verursachen, vermag das Verschulden nicht zu relativieren. Das Motiv war Geltungsdrang und das Bedürfnis, als erfolgreiche Relationship-Managerin dazustehen, auch unter dem Druck, Kunden zu halten und Klagen abzuwenden. Finanzielle Anreize (Boni) spielten ebenfalls eine Rolle. Asperation (Obergericht): Erhöhung der Einsatzstrafe um 20 Monate. Fazit Tatschwere (Obergericht): Ausgehend von 15 Monaten für qualifizierte Veruntreuung, zuzüglich 4 Monate für Urkundenfälschung und 20 Monate für ungetreue Geschäftsbesorgung, ergibt sich eine Sanktion von 39 Monaten Freiheitsstrafe. 2. Täterkomponente: Vorleben: Nicht vorbestraft (im strafrechtlich relevanten Sinne, da der Strafbefehl nach den zu beurteilenden Delikten erging und nicht einschlägig ist). Strafzumessungsneutral. Persönliche Verhältnisse: Geordnete familiäre und finanzielle Verhältnisse (verheiratet, zwei Kinder, lebt in Dubai, Ehemann erwerbstätig). Keine erhöhte Strafempfindlichkeit als Mutter. Psychologische Behandlung und Medikamenteneinnahme werden nicht als ausserordentliche Umstände für eine Strafminderung betrachtet. Geständnis und Kooperation: Teilgeständnis. Kooperative Mitwirkung bei der Eruierung der betroffenen Kunden nach Aufdeckung der Delikte. Da jedoch in 3 von 8 Anklagepunkten der ungetreuen Geschäftsbesorgung und teilweise bei der Urkundenfälschung kein Geständnis erfolgte, wird eine Reduktion der Einsatzstrafe von 39 Monaten auf 33 Monate vorgenommen. 3. Sanktion: Die Beschuldigte wird mit einer Freiheitsstrafe von 33 Monaten bestraft, unter Anrechnung eines Tages Untersuchungshaft. Vollzug: Aufgrund der Freiheitsstrafe von 33 Monaten ist kein bedingter Vollzug möglich (da über 2 Jahre). Die Prognose für einen teilbedingten Vollzug wird als günstig erachtet, da die Beschuldigte nicht vorbestraft war (bezüglich einschlägiger Delikte), in stabilen Verhältnissen lebt und das Verfahren sie nachhaltig beeindruckt haben dürfte. Angesichts der günstigen Prognose und des leichten bis mittelschweren Verschuldens wird der Vollzug der Freiheitsstrafe im Umfang von 22 Monaten aufgeschoben und eine Probezeit von 2 Jahren festgesetzt. Die restlichen 11 Monate (abzüglich 1 Tag Haft) werden vollzogen.

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