Meta-Informationen
Gericht: Bezirksgericht Winterthur
Urteilsdatum: 12.11.2020
Verfahrensart: ordentlich
Geschlecht: männlich
Nationalität: unbekannt
Hauptdelikt: Betrug
Mehrfach: Nein
Gewerbsmässig/qualifiziert: Ja
Bandenmässig: Nein
Deliktssumme: 307022
Nebenverurteilungsscore: 0
Vorbestraft: Ja
Einschlägig vorbestraft: Nein
Sanktion

Hauptsanktion: Freiheitsstrafe

Dauer: 33 Monate

Vollzug: teilbedingt

Zusammenfassung

Anklagevorwurf: Dem Beschuldigten A._____ wurde gewerbsmässiger Betrug im Sinne von Art. 146 Abs. 1 und Abs. 2 StGB vorgeworfen. Er soll ab dem 2. Mai 2006 wahrheitswidrig deklariert haben, kein selbständiges Erwerbseinkommen zu haben, obwohl er bis zu seiner Verhaftung am 19. Februar 2015 einen Nettoerlös von insgesamt Fr. 299'746.40 erzielte. Weiter wurde ihm vorgeworfen, Einkommen aus unselbständiger Tätigkeit seiner Ehefrau aus dem Jahr 2008 (Fr. 4'740.10), Teile seines eigenen unselbständigen Erwerbseinkommens aus den Jahren 2008 und 2009 (Fr. 925.–), SUVA-Unfalltaggelder (Fr. 1'611.–), Bankkonten seiner Kinder mit einem Höchststand von rund Fr. 18'000.–, ein Bankkonto bei der C._____ Bank sowie den Kauf und Besitz eines Mercedes Benz Viano für Fr. 63'080.– nicht angegeben zu haben. Massgebende Erwägungen für die Strafzumessung (Obergericht): Objektive Tatschwere: Langer Deliktszeitraum: Fast neun Jahre (vom 02.05.2006 bis 14.05.2015). Erheblicher Deliktsbetrag: Der Schaden der Sozialen Dienste beläuft sich auf mindestens Fr. 307'022.50 (verschwiegene Einkünfte), bei ausbezahlten Unterstützungsbeiträgen von insgesamt Fr. 450'600.–. Durchdachtes und zielgerichtetes Vorgehen: Teilweise Deklaration von Einnahmen und Vermögenswerten zur Aufrechterhaltung der Täuschung. Kriminelle Energie/Raffinesse: Einsatz einer Vielzahl ärztlicher Arbeitsunfähigkeitszeugnisse, obwohl er selbständiger Erwerbstätigkeit nachging. Skrupelloses und unverfrorenes Vorgehen: Erschütterung des Sozialleistungssystems und Inverrufbringen ehrlicher Rentenbezüger. Sozialhilfemissbrauch wird als besonders verwerflich erachtet. Beendigung der Delikte: Erst durch die Einleitung des Strafverfahrens. Subjektive Tatschwere: Direkter Vorsatz: Handeln aus unrechtmässiger Bereicherungsabsicht und Gewerbsmässigkeit. Egoistische Motive: Ziel, der Familie Annehmlichkeiten und besondere Wünsche zu erfüllen, keine wirtschaftliche Notsituation. Volle Entscheidungsfreiheit und uneingeschränkte Schuldfähigkeit. Niedrige Beweggründe und niederträchtiges Verhalten: Missbrauch eines Systems, das Menschen in echter Notlage unterstützen soll. Verschulden: Insgesamt wird ein "nicht mehr leichtes Verschulden" angenommen. Die von der Vorinstanz festgesetzte Einsatzstrafe von 48 Monaten wurde als angemessen erachtet. Vergleichsfälle: Die von der Verteidigung angeführten Vergleichsfälle wurden als nicht vergleichbar erachtet, da es sich weder um Sozialhilfemissbrauch handelte, noch die Deliktszeiträume vergleichbar waren. Das Gericht ist nicht an andere Urteile gebunden. Vorleben und persönliche Verhältnisse: Persönliche Verhältnisse haben sich seit dem vorinstanzlichen Urteil nicht wesentlich verändert und sind für die Strafzumessung irrelevant. Behauptete gesundheitliche Probleme und die Tatsache, Vater von 5 Kindern zu sein, wirken sich nicht strafmindernd aus, da keine aussergewöhnlichen Umstände vorliegen. Vorstrafen: Eine nicht einschlägige Vorstrafe aus dem Jahr 2014 (10 Tagessätze wegen fahrlässiger grober Verletzung von Verkehrsregeln) ist nur geringfügig straferhöhend zu berücksichtigen, da sie eine tiefe und nicht einschlägige Strafe war, die erst gegen Ende der Delinquenz erfolgte und den Beschuldigten nicht abgehalten hat. Kooperations- und Geständnisbereitschaft: Zugeständnisse erfolgten erst unter dem Eindruck erdrückender Beweislage und vereinfachten das Verfahren nicht wesentlich. Aufrichtige Reue oder Einsicht sind nicht erkennbar, da der Beschuldigte sein Verhalten immer wieder mit finanziellen Engpässen der Familie rechtfertigte. Das Geständnis wird gleichwohl, aber nur in moderatem Umfang, strafmindernd berücksichtigt. Verletzung des Beschleunigungsgebotes: Die Untersuchung wurde 2015 und Anfang 2016 intensiv geführt. Ein Stillstand zwischen April und September 2016 war erklärbar durch ein Rechtshilfeersuchen nach Mazedonien. Ab Februar 2017 bis September 2019 (Schlusseinvernahme) wurde das Verfahren wegen gewerbsmässigen Betrugs kaum vorangetrieben, abgesehen vom Verteidigerwechsel und Aktenzustellung. Parallel laufende weitere Ermittlungen gegen den Beschuldigten (u.a. wegen Verkehrsregelverletzung und Drohung), die aber meist eingestellt wurden, zogen das Verfahren in die Länge. Die Gerichte stellten fest, dass die praktischen Untätigkeiten teilweise durch speditives Vorantreiben in anderen Phasen wettgemacht wurden. Es liegt dennoch eine Verletzung des Beschleunigungsgebotes vor, die eine deutliche Strafminderung rechtfertigt. Die vorinstanzliche Reduktion um 12 Monate wurde als zu umfangreich erachtet. Das Obergericht erachtete eine Reduktion von rund 8 Monaten als angemessen. Endgültige Strafzumessung des Obergerichts: Das Obergericht bestätigt die von der Vorinstanz festgesetzte Freiheitsstrafe von 33 Monaten. Aufgrund des Verschlechterungsverbotes durfte die Strafe nicht über die 33 Monate der Vorinstanz hinaus erhöht werden, auch wenn das Obergericht eine geringere Reduktion wegen Verletzung des Beschleunigungsgebotes (8 Monate statt 12 Monate) als angemessen erachtete. Vollzug: Der Vollzug der Freiheitsstrafe von 33 Monaten wird im Umfang von 21 Monaten bedingt aufgeschoben und die Probezeit auf 3 Jahre festgesetzt. Der übrige Umfang von 12 Monaten wird unbedingt vollzogen. Dies entspricht dem vorinstanzlichen Urteil, da eine weitere Reduktion des unbedingten Anteils aufgrund der Uneinsichtigkeit und fehlender Reue des Beschuldigten das unter Verschuldensgesichtspunkten gebotene Mindestmass unterschreiten würde.

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