Meta-Informationen
Gericht: Bezirksgericht Horgen
Urteilsdatum: 11.08.2020
Verfahrensart: ordentlich
Geschlecht: weiblich
Nationalität: unbekannt
Hauptdelikt: Veruntreuung
Mehrfach: Nein
Gewerbsmässig/qualifiziert: Nein
Bandenmässig: Nein
Deliktssumme: 290000
Nebenverurteilungsscore: 8
Vorbestraft: Nein
Einschlägig vorbestraft: Nein
Sanktion

Hauptsanktion: Freiheitsstrafe

Dauer: 30 Monate

Vollzug: teilbedingt

Zusammenfassung

Anklagevorwurf: Die Beschuldigte wurde vom Bezirksgericht Horgen verurteilt wegen: Veruntreuung im Sinne von Art. 138 Ziff. 1 StGB. Dieser Schuldspruch betrifft die Veruntreuung von Geldern in Höhe von CHF 300'000.–, die sie als Geschäftsführerin der B._____ GmbH von der Privatklägerin 6 (G._____ AG H._____) zur Bezahlung einer Küche und für Elektroinstallationen im Mietobjekt erhalten hatte. Die Gelder wurden nicht zweckgemäss verwendet (CHF 222'231.60 für eine nicht bestellte Küche, CHF 77'768.40 für nur CHF 10'000.– tatsächlich erbrachte Elektroinstallationen). Der veruntreute Betrag belief sich auf CHF 290'000.–. Mehrfacher Misswirtschaft im Sinne von Art. 165 Ziff. 1 StGB, betreffend die B._____ GmbH und C._____ GmbH, bei denen sie als Geschäftsführerin bzw. Gesellschafterin tätig war und die Gesellschaften über das Besorgnisdatum hinaus fortführte. Mehrfacher Unterlassung der Buchführung im Sinne von Art. 166 StGB, betreffend die B._____ GmbH und D._____ GmbH. Urkundenfälschung im Sinne von Art. 251 Ziff. 1 Abs. 2 StGB, im Zusammenhang mit dem Verkauf der B._____ GmbH, bei dem sie Statuten mit einer wahrheitswidrigen Erklärung über eine Sacheinlage unterzeichnete. Vorsätzlicher ordnungswidriger Führung der Geschäftsbücher im Sinne von Art. 325 StGB, betreffend die I._____ GmbH. Freisprüche und Verfahrenseinstellungen der Vorinstanz: Freispruch von Misswirtschaft bei der D._____ GmbH und E._____ GmbH. Einstellung des Verfahrens hinsichtlich der Unterlassung der Buchführung bei der E._____ GmbH (Verfolgungsverjährung). Massgebende Erwägungen für die Strafzumessung (Obergericht): Das Obergericht bestätigt die Schuldsprüche der Vorinstanz, passt jedoch die Strafzumessung an. Einsatzstrafe für Veruntreuung (Art. 138 Ziff. 1 StGB): Deliktsbetrag: Das Obergericht bestätigt den Deliktsbetrag von CHF 290'000.–. Der Betrag wurde der Beschuldigten klar mit dem Zweck anvertraut, eine Küche zu bestellen bzw. zu bezahlen sowie Elektroinstallationen vorzunehmen. Sie verwendete die Mittel jedoch für andere Zwecke. Subjektives Verschulden und kriminelle Energie: Die Vorinstanz ging von erheblicher krimineller Energie aus, was das Obergericht im Grundsatz teilt, jedoch relativiert es die kriminelle Energie. Es wird angenommen, dass die Beschuldigte nicht von langer Hand plante, die Privatklägerin zu schädigen, sondern sich aus dem anvertrauten Geld bediente, um dringende (private oder geschäftliche) Ausgaben zu bestreiten, in der naiven und unrealistischen Vorstellung, die Arbeiten später aus anderen Mitteln zu finanzieren. Auch die Tatsache, dass sie die Geschäftsführung auf Drängen ihres Ehemannes übernahm, relativiert das Verschulden. Einsatzstrafe: Trotz der Relativierung der kriminellen Energie wiegt das Verschulden erheblich. Das Obergericht setzt die Einsatzstrafe für die Veruntreuung auf 20 Monate Freiheitsstrafe fest (Vorinstanz: 30 Monate für alle Delikte, davon 24 bedingt). Asperation für weitere Delikte (Zuschläge zur Einsatzstrafe): Mehrfache Misswirtschaft (Art. 165 Ziff. 1 StGB): Die Vorinstanz hat die Asperation von 8 Monaten Freiheitsstrafe als angemessen erachtet, da die Gesellschaften erhebliche Zeit über das Besorgnisdatum hinaus fortgeführt wurden und das subjektive Verschulden als nicht leicht eingeschätzt wurde. Das Obergericht schliesst sich dieser Beurteilung an und sieht keine Beanstandung. Mehrfache Unterlassung der Buchführung (Art. 166 StGB): Die Vorinstanz hat eine Asperation von 4 Monaten Freiheitsstrafe vorgenommen, was das Obergericht ebenfalls bestätigt. Es wird hervorgehoben, dass die Wahl der Sanktionsart nicht von der Zahlungsunfähigkeit abhängen sollte, aber da alle Taten vom gleichen Handlungskomplex und Tatvorsatz umfasst waren, ist die Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe auch für dieses Delikt nicht zu beanstanden. Urkundenfälschung (Art. 251 Ziff. 1 Abs. 2 StGB): Eine Asperation von 4 Monaten Freiheitsstrafe wird als angemessen erachtet. Das Vortäuschen einer Sacheinlage in einer notariellen Beurkundung ist gewichtig, auch wenn die Beschuldigte möglicherweise von Dritten zu dieser Idee gebracht wurde. Ordnungswidrige Führung der Geschäftsbücher (Art. 325 StGB): Für diese Übertretung wird eine Busse von CHF 1'000.– als angemessen erachtet, da der Zeitraum von ca. 5.5 Jahren beträchtlich ist und Eventualvorsatz vorlag. Die Beschuldigte hatte sich gegen die Busse gewehrt, da diese zu hoch sei und gänzlich darauf verzichtet werden sollte. Gesamtstrafe: Aus diesen Einzelstrafen ergibt sich eine Gesamtstrafe von 36 Monaten Freiheitsstrafe (20 + 8 + 4 + 4) und einer Busse von CHF 1'000.–. Täterkomponente und strafmindernde Faktoren: Lebenslauf und Vorstrafenlosigkeit: Strafzumessungsneutral. Nachtatverhalten: Positiv zu berücksichtigen ist das teilweise frühe Geständnis der Beschuldigten und ihre Bemühungen, die verursachten Schäden abzuzahlen. Sie anerkennt die Zivilforderungen dem Grundsatz nach und bereut die Angelegenheit. Sie hat ihre Überforderung mit der Selbstständigkeit eingesehen und ist in ihren erlernten Beruf zurückgekehrt. Verfahrensdauer: Das Obergericht stellt eine im Vergleich zu ähnlichen Fällen lange Verfahrensdauer fest (Strafanzeige 15.11.2016, Urteil 01.11.2021). Insbesondere gab es eine Bearbeitungslücke von über einem Jahr zwischen zwei Einvernahmen. Obwohl keine Verletzung des Beschleunigungsgebots festgestellt wird (aufgrund der Komplexität des Falles, der vielen involvierten Unternehmen und Dokumente, sowie organisatorischer Umstände wie Staatsanwaltswechsel und Corona-Pandemie), wird die lange Verfahrensdauer strafmindernd berücksichtigt. Schulden: Die Beschuldigte hat erhebliche Schulden aus ihrer gescheiterten Selbstständigkeit, was ebenfalls bei der Zumessung berücksichtigt wird. Ergebnis Strafzumessung (Obergericht): Unter Berücksichtigung der Täterkomponente und der strafmindernden Faktoren (Nachtatverhalten, lange Verfahrensdauer) wird eine Reduktion der Gesamtstrafe um 12 Monate als angemessen erachtet. Resultierende Freiheitsstrafe: 24 Monate Freiheitsstrafe. Davon wird 1 Tag Haft angerechnet. Vollzug: Das Obergericht ordnet den bedingten Vollzug der gesamten Freiheitsstrafe von 24 Monaten an, unter Ansetzung einer Probezeit von 2 Jahren. Dies aufgrund einer günstigen Prognose, da die Beschuldigte nicht vorbestraft ist, in ihrem erlernten Beruf tätig ist und keine Anzeichen dafür bestehen, dass sie erneut ein Unternehmen führen möchte. Die Busse von CHF 1'000.– ist zu bezahlen, bei schuldhafter Nichtbezahlung tritt eine Ersatzfreiheitsstrafe von 10 Tagen ein.

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